Ärger um Insolvenzgeld-Vorschuss

Detlev Treffer wartet seit 13 Monaten auf sein Januargehalt 2016. Eine Zahlung der Agentur für Arbeit in Höhe von 1300 Euro soll er nun zurückzahlen. Es bestehe kein Anspruch.

Ärger um Insolvenzgeld-Vorschuss
Foto: tre

Anrath. Plötzlich arbeitslos und für einen bereits gearbeiteten Monat kein Geld bekommen — eine schwierige Situation für einen Arbeitnehmer. Maler Detlev Treffer ist das im vergangenen Jahr so passiert. Sein Gehalt für Januar 2016 hat er nach eigenen Angaben immer noch nicht bekommen. Und jetzt soll er den gesamten Vorschussbetrag auf Insolvenzgeld in Höhe von 1380 Euro zurückzahlen und damit ganz leer ausgehen? Treffer versteht die Welt der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr.

Im Januar 2016 arbeitete Detlev Treffer für den Malerfachbetrieb & Teppichböden Jürgen M. in Schiefbahn. Die Auftragslage war unauffällig, das Dezembergehalt pünktlich auf dem Konto. Nichts habe auf eine Flaute oder gar das abrupte Ende des Betriebes hingedeutet, sagt der Anrather im Gespräch mit der WZ.

Am 1. Februar 2016 wurden Treffer und seine Kollegen kalt erwischt. „Der Chef informierte die Kollegen morgens, er könne die Gehälter nicht mehr bezahlen.“ M. sagte seinen damals sieben Mitarbeitern mündlich, er werde die bestehenden Arbeitsverhältnisse kündigen - „aus betriebsbedingten Gründen“ und zum „30. September“, teilte er Detlev Treffer schriftlich am 10. Februar mit.

Treffer war zu dem Zeitpunkt wegen Schulter- und Rückenproblemen krankgeschrieben. „Sie werden ab 10.02.2016 unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt“, lautete es in dem Kündigungsschreiben seines Chefs.

Mit Beginn der Freistellung stehe er, Treffer, der Arbeitsvermittlung also wieder zur Verfügung. Er wurde auf die Verpflichtung hingewiesen, sich persönlich bei der für seinen Wohnsitz zuständigen Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden.

Treffer suchte, wie Kollegen, unverzüglich die Agentur für Arbeit auf. Für ihn als Anrather ist Viersen zuständig. Andere fuhren nach Krefeld. „Ich wollte mich arbeitssuchend melden. Doch vor Ort erfuhr ich, dass ich wegen meiner Krankschreibung noch nicht vermittelbar sei.“ Ihm sei bei diesem Termin geraten worden, einen Antrag auf Insolvenzgeld zu stellen, was Treffer auch tat.

Auf seinen Hinweis bei diesem Termin, dass das Januar-Gehalt und vermögenswirksame Leistungen noch nicht gezahlt worden seien, habe ihn der Sachbearbeiter der Agentur für Arbeit informiert, dass „erst ein Insolvenzverfahren eröffnet werden müsse“, so Treffer.

Am 1. März 2016 trat Treffer eine neue Stelle bei einem Anrather Malerbetrieb an. Er hatte sich selbst darum gekümmert. Am 8. Juli erreichte ihn das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit, in dem aufgrund des Antrags vom 9. Februar ein „Vorschuss auf das zu erwartende Insolvenzgeld in Höhe von 1380 Euro“ bewilligt sei. Der Vorschuss werde auf das ihm zustehende Insolvenzgeld angerechnet. Der Betrag sei von Treffer zu erstatten, „soweit ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht oder nur in geringer Höhe zuerkannt“ werde.

Am 26. Oktober 2016 hat das Amtsgericht Krefeld das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Malerfachbetriebs M. eröffnet. Mit einem Schreiben vom 1. Dezember forderte Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Peter Houben (Kanzlei Voigt Salus Düsseldorf) von Treffer Lohnabrechnungen ab Januar 2016, Arbeitsvertrag, Kündigung und die Aufstellung offener Löhne, um seinen Antrag bearbeiten zu können.

Am 19. Januar informierte die Bundesagentur für Arbeit Treffer, dass der Anspruch auf Insolvenzgeld niedriger als der gezahlte Vorschussbetrag sei und dabei eine Überzahlung eingetreten sei. Ihr Rückforderungsbetrag: 1380 Euro. Der gesamte Zuschuss.

Ein Kollege von Treffer, ebenfalls in Viersen vorstellig geworden, habe die gleichen Probleme, ein anderer allerdings, so Treffer, der die Agentur für Arbeit in Krefeld aufgesucht habe, „hat das Januargehalt anstandslos über die Agentur für Arbeit gezahlt bekommen“.

Die Agentur für Arbeit Düsseldorf hat Treffer unterdessen mitgeteilt, dass er keinen Anspruch „auf Insolvenzgeld für den Monat 01/2016“ habe, „der Insolvenzgeld-Zeitraum umfasst in Ihrem Fall die Zeit 1.7.-30.9.2016“. Zu diesem Zeitpunkt hatte Treffer schon längst seine neue Stelle.

Erklärung der Agentur für Arbeit: „Anspruch auf Insolvenzgeld hat der Anspruchsberechtigte im Falle der Insolvenz seines Arbeitgebers, wenn (und solange) er für die dem Insolvenzereignis vorausgegangenen letzten drei Monate seines Arbeitsverhältnisses „noch“ Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat (§ 165 Abs. 1 Satz 1 SGB III).“

Treffer wurde darauf hingewiesen, dass offene Arbeitsentgeltansprüche im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten. Einen eigenen zuständigen Sachbearbeiter in der Agentur für Arbeit hat Treffer nicht. Die Schreiben, die er bisher erhielt, haben wechselnde Personen unterschrieben, Mitarbeiter an der Servicenummer für Rückfragen seien immer andere.

Treffer hat Widerspruch gegen den Bescheid erhoben. Dieser ist zwischenzeitlich abgelehnt worden. Nun hofft er, den Vorschuss in Raten zurückzahlen zu können und das ausstehende Gehalt über den Insolvenzverwalter zu bekommen. Seit dem Morgen, als ihm mündlich die Kündigung ausgesprochen wurde, sind 13 Monate vergangen.

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