Weg vom Schmuddel-Image

Debatte: Ein Stadtteil mit zwei Gesichtern: Ratingen West. Negatives Außenbild hier, zufriedene Bewohner da. So einfach ist die Lage aber nicht zu fassen.

Ratingen. „Der Stadtteil ist besser als sein Ruf“ — das ist die Quintessenz einer Stadtteilanalyse, die die Verwaltung in Auftrag gegeben hatte. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden jetzt auch dem Bezirksausschuss vorgestellt: West stehe für modernes Wohnen, habe ein positives Innenimage, aber eine schlechte Außenwirkung.

Allerdings schrumpft die Einwohnerzahl dramatisch: In den vergangenen zwölf Jahren haben rund 1000 Leute West den Rücken gekehrt. Regina Höbel vom Forschungsinstitut Inwis, das die Analyse gefertigt hat, nannte weitere Schwachpunkte: Es gibt kein Pflegeheim und kaum seniorengerechte Wohnungen — bei einem drastisch steigenden Seniorenanteil. „Wer alt und gebrechlich wird, muss wegziehen“, stellte Höbel fest. Aber auch viele junge Familien würden West verlassen. Ihre Forderung: Die Stadt müsse Angebote fürs Wohnen im Alter entwickeln, Pflegestützpunkte einrichten und weiter an der Verbesserung des Images arbeiten. „Der Imagewandel ist eine Daueraufgabe.“

In der nachfolgenden Debatte des Ausschusses wurden die vielen positiven Aspekte aber deutlich relativiert. Man könne doch nicht so allgemein von West sprechen: Zwischen dem Süden von West — etwa das Grachtenviertel — und dem Norden mit dem Berliner Platz lägen doch Welten, brachte es Hans-Adolf Pannes (FDP) auf den Punkt.

Tacheles redete auch Gesamtschuldirektor Michael Kreft — allerdings nicht als Lehrer, sondern als Sozialwissenschaftler, wie er betonte: „Wir brauchen doch nicht um die schwierige Sozialstruktur drumrum zu reden: Hartz IV schon in der dritten Generation, unterschiedlichste Migrationshintergründe gepaart mit bildungsfernem Milieu — das sind die Probleme. Und die sind politisch nicht in den Griff zu bekommen.“

In die gleiche Kerbe schlug Margret-Kühle-Schläder, Vorsitzende der örtlichen Werbegemeinschaft: „West gerät immer mehr in eine soziale Schieflage. Viele ziehen hier weg, weil sie sich nicht dauernd auf der Straße anpöbeln lassen wollen.“ Das habe auch massive Auswirkungen aufs Einkaufszentrum, wie die vielen Leerstände zeigten. „Wer hat denn Lust, hier noch einzukaufen?“ Auch das Umfeld sei eine Zumutung: „Die Lampen am Berliner Platz sind seit Jahren nicht mehr geputzt worden.“

Wirtschaftsförderer Reiner Heinz bestätigte, dass die Ladenflächen in West „nicht unbedingt im Fokus der Investoren“ stehen. Durch städtebauliche Maßnahmen sollte aber das Umfeld verbessert werden. Manfred Fiene, Leiter des Grünflächenamtes, stellte dafür 66 000 Euro Restmittel in Aussicht.

Die Metzgerei in West legt übrigens Wert auf die Feststellung, dass sie — bis auf die Mittagspause — täglich von morgens bis abends geöffnet hat.

Fraktionsübergreifend wurden folgende Punkte beschlossen: Die Pflasterung hinter dem Ärztehaus soll der am Berliner Platz angeglichen werden. Die Beleuchtung dort soll instandgesetzt und — wie in Ratingen Mitte — Blumenampeln aufgehängt werden. In Zusammenarbeit mit der Werbegemeinschaft soll auch die Wegweisung zum Einkaufszentrum verbessert werden. Schließlich soll auch die Pächtersuche und Sanierung der Gaststätte „Berliner Bär“ forciert werden.

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