Die Notaufnahme hat Probleme — aber nicht mit den Notfällen

Neben Schwerverletzten, die gerettet werden müssen, sind es vor allen Dingen Bagatelle-Fälle und Gewaltbereite, die die Arbeit erschweren.

Dr. Georg Welty (Mitte), der Leiter der Notaufnahme am Marienhospital, kümmert sich mit Marcus Düster um einen Notfall.

Dr. Georg Welty (Mitte), der Leiter der Notaufnahme am Marienhospital, kümmert sich mit Marcus Düster um einen Notfall.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. „Treat first what kills first“ lautet der Grundsatz in der Notaufnahme des Marien Hospitals, sie wird geleitet von Dr. Georg Welty. „Nicht immer ist sofort klar, was der Patient hat“, erklärt Welty. Für die Ärzte gibt es dann eine Art Checkliste, die sie abarbeiten, um das Überleben zu sichern.

Zuerst werden Atemwege und Halswirbelsäule gecheckt. Verletzungen hier führen am schnellsten zum Tod. „Wer sprechen kann, hat schon mal keine gravierenden Atemwegsprobleme“, so Welty. Die Lunge wird abgehört. Als nächstes muss das Herz-Kreislauf-System überprüft werden. „So banal das klingt: Den Puls erst mal zu fühlen ist eine grundlegend wichtige Sache. Bei all der High-Tech-Medizin wird das schon mal vergessen.“ Erst danach kümmere man sich um das Gehirn. „In einem guten Team dauert das Ganze nicht länger als fünf bis sechs Minuten. „Wichtig ist, den diagnostischen Blick auch in Notsituationen nicht zu verlieren. Das braucht Übung.“

Wer als Patient stationär im Marien Hospital aufgenommen wird, wird als allererstes auf MRSA-Keime getestet, auch in der Notaufnahme werden die Abstriche in Mund und Nase gemacht. So soll eine Ausbreitung der so genannten „Krankenhauskeime“, die Resistenzen gegen Antibiotika haben, verhindert werden.

Die Entwicklung, dass immer mehr Patienten die Notaufnahme aufsuchen, die ohne Weiteres auch ganz normal zum Arzt gehen könnten, kann Georg Welty rein subjektiv auch bestätigen. „Man darf aber nie vergessen: Für den Patienten ist sein Notfall ein Notfall, auch wenn wir ganz andere Sachen gewöhnt sind.“ „Manche Patienten geben aber ganz offen zu, dass sie keine Lust gehabt hätten, etwa zwei Monate auf einen CT-Termin zu warten, berichtet Krankenschwester Inga. „In der Notaufnahme gibt es ja alles.“ Und Rettungsassistentin Hannah erzählt, sie sei kürzlich zu einem Mann gerufen worden, der Husten und Schnupfen hatte. „Männergrippe, also.“

Über die Entwicklung, dass zunehmend Menschen ohne lebensbedrohliche Beschwerden in die Notaufnahmen kommen, wird derzeit viel berichtet. „Ob das mit der Umstellung des Abrechnungssystems für Hausärzte zusammenhängt, kann man nicht mit Gewissheit sagen. Es ist nur vorstellbar“, sagt Georg Welty. Seit der Umstellung bekommt ein Hausarzt für Kassenpatienten nur noch eine Pauschale pro Quartal.

Zusätzlich zu den vielen weniger schweren Fällen hat das Marien Hospital durch sein zentrales Einzugsgebiet viele betrunkene, drogenabhängige und gewaltbereite Patienten zu versorgen. Die Glasscheibe an der Anmeldung ist schon mehrfach zerbrochen, am Wochenende ist immer Security-Personal vor Ort. „Wir mussten auch schon mal das Wartezimmer evakuieren und alle reinlassen, weil ein paar sich geprügelt haben und die Stühle flogen“, erzählt Krankenschwester Steffi.

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