Pearl Jam bleiben sich treu

Berlin (dpa) — In der Grunge-Metropole vergangener Tage, Seattle, sieht man ab und an Menschen mit einem T-Shirt herumspazieren, das den Aufdruck „You trendy Grunge People suck“ („Ihr modernen Grunge-Leute nervt“) trägt.

Letztlich lässt sich wohl der Erfolg der amerikanischen Grunge-Band Pearl Jam auf diesen kleinen Satz reduzieren. Wie keine andere Band hat sie sich stets dem hippen Grunge-Hype verweigert. Am Freitag (11. Oktober) erscheint das zehnte Studioalbum „Lightning Bolt“. Und man hat immer noch den Eindruck, dass die Band seltsam unmodern daherkommt.

„Wir sind mehr eine Band als je zuvor. Der Raum dazwischen tut uns gut“, betonte Frontmann Eddie Vedder kürzlich in einem Gespräch mit dem Musikmagazin „Rolling Stone“. Der Sänger spielt dabei auf die vier Jahre zwischen dem letzten Album „Backspacer“ und dem nun folgenden „Lightning Bolt“ an.

In der Tat haben sich Pearl Jam viel Zeit gelassen. „Es ist wie bei allen großartigen Gruppen“, meint Produzent Brendan O'Brien. Sie hätten vor etwa eineinhalb Jahren damit angefangen und sechs oder sieben Songs fertiggemacht. Geplant war, dann auch den Rest aufzunehmen. Aber das klappte nicht. „Ich habe sie nicht ins Studio gekriegt“, sagt O'Brien im „Rolling Stone“-Interview. „Ich glaube, sie waren noch nicht bereit dafür.“ Erst Anfang 2013 hätten sie dann einen weiteren Anlauf genommen.

Mit dem Grammy-Preisträger O'Brien, der bereits mit Größen wie Bruce Springsteen und Neil Young zusammengearbeitet hat, ist die Rockband seit Jahren verbandelt. Bei nahezu jedem Album, angefangen beim hochgelobten Album „Vs.“ von 1993 über das fünfte Studioalbum „Yield“ aus dem Jahr 1998, bis hin zum aktuellen Album war O'Brien als Produzent mit im Boot. Mit mehr als 60 Millionen verkauften Tonträger gilt die Band bis heute als eine der erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten.

Herausgekommen ist nun ein Album, das zwar den Facettenreichtum der Rockband aufs Neue zementiert, in erster Linie aber nach genau einem klingt: Pearl Jam. Mal stampfend, mal elegisch, rasend, psychodelisch und leider, für Pearl Jam nicht untypisch, auch weinerlich.

„Lightning Bolt“ startet mit dem polternden Rocksong „Getaway“, gefolgt vom punkrockigen „Mind Your Matters“. „Sirens“, die aktuelle Single, ist die radiotaugliche, stadionrockige Ballade auf der Platte. Der Track „Infallible“ bietet einen schönen Groove, „My Father's Son“, ein schwerer Brocken, erinnert an „Vs.“-Zeiten. Pianoklänge schimmern bei „Pendulum“ durch. „Sleeping By Myself“, in einer anderen Version bereits auf Vedders Soloalbum „Ukulele Songs“ enthalten, kommt als Folk-Poprock um die Ecke.

Die Frage, ob das Album „Lightning Bolt“ nun wirklich noch Grunge, vielleicht doch mehr Hardrock oder sogar Poprock ist, wird sich nicht final klären lassen. Die Mitsing-Refrain-Dichte ist jedenfalls sehr hoch, was in der Indie-Szene selten als gutes Zeichen gilt. Doch Pearl Jam juckt das nicht. „Als wir anfingen, Musik zu machen, taten wir das nur für uns. Wir hätten nie gedacht, dass die Leute dank unserer Musik Freundschaften schließen, Ideen austauschen und sich menschlich näher kommen“, sagte Eddie Vedder einmal.

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