Ausstellung: Der Traum vom Paradiesgarten

Das Ruhrgebiet hatte schon immer mehr zu bieten als Schlote und Hochöfen. Das zeigt jetzt eine Schau in Oberhausen zur Gartenkunst im Pott.

Oberhausen. Der erste Blick zeigt das Ruhrgebiet, ganz so wie es dem Klischee entspricht: Aus dem Gemälde des Industriemalers Fritz Gärtner lodert dem Besucher der Feuerschein eines Hochofens entgegen. Erst beim Nähertreten entdeckt man rechts daneben in Öl gemalte Kohlköpfe, die aus dem Gemälde zu kullern scheinen, und links davon einen Stadtparkentwurf.

"Zwischen Kappes und Zypressen" heißt die Ausstellung in der Ludwig Galerie Schloss Oberhausen, die sich mit einem scheinbar ungewöhnlichen Aspekt des Ruhrgebietes beschäftigt: der Gartenkunst.

Ein großes Panoramagemälde zeigt zum Beispiel das alte Ruhrgebiet, von dem noch der Gartenkünstler Fürst Pückler bei seiner Durchreise schwärmte - nämlich eine idyllische Landschaft mit sanften Hügeln und einem sich malerisch durchs Tal windenden Fluss. Davor ein Schloss mit einem prächtigen Garten voller Orangenbäume.

Die Ausstellung dokumentiert, dass vor der Industrialisierung die Täler von Ruhr und Emscher voller kleiner Adelssitze waren, die alle im Kleinen den großen Hof von Versailles nachzuahmen suchten. Schloss Borbeck, die letzte Sommerresidenz der Essener Fürstäbtissin gehört dazu, aber auch der Ausstellungsort selbst, Schloss Oberhausen.

Allerdings hatte sich zu dessen Erbauungszeit (1803 bis 1816) der Gartengeschmack gewandelt: Statt strenger architektonischer Gärten bevorzugte man jetzt landschaftlich gestaltete Anlagen - und für deren Anlage holte man den Düsseldorfer Gartenarchitekten Maximilian Friedrich Weyhe an Ruhr und Emscher.

Er hatte sich bei der Gestaltung des Düsseldorfer Hofgarten einen Namen gemacht, und was den Franzosen und später den Preußen im Rheinland recht war, war dem rheinisch-westfälischen Adel nur billig. Allerdings ist von der alten Gartenpracht oft wenig übrig geblieben, wie die Gegenüberstellung von Plänen und Fotos zeigt.

Man sollte sich für den Besuch der Ausstellung, die sich über alle drei Ebenen des Schlosses Oberhausen erstreckt, Zeit nehmen. Und - wenn man nicht direkt im Ruhrpott beheimatet ist - eine Karte bereit halten. Zwar bleibt in der Schau die praktische Gartenseite (der Kappes) etwas unterbelichtet, umso deutlicher werden die Gartenträume (die Zypressen), die der regionale Adel und in dessen Nachfolge die Industriebarone sowie später das Bürgertum träumten.

Kurator Christoph Dorsz von der Uni Bochum hat dies akribisch an Hand alter Pläne und Gemälden zusammengetragen und eröffnet damit Einblicke in die Entstehung von Stadtparks und Gartenstädten (neben der bekannten Margarethenhöhe auch weniger bekannte Anlagen wie Hohenhagen in Hagen oder Broich/Speldorf in Mülheim). Dies macht Lust auf eine Ruhrgebietstour, die sich nicht unbedingt auf die Räume der Austellung beschränken muss.

Anlass der Schau, die zum ersten Mal ausführlich die historischen Gärten des Kohlereviers beleuchtet, ist die aufwändige Wiederherstellung des Oberhausener Kaisergartens hinter dem Schloss. Er war von der Stadt ab 1898 angelegt worden, nachdem der alte Schlosspark dem Bau von Arbeitersiedlungen zum Opfer fiel. Und so zeigt die Ausstellung auch den bis heute anhaltenden Wandel der Region, zu dem als fester Bestandteil der Traum vom Gartenparadies gehört.

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