Fraktion Düsseldorf: Die Macher von Promenade und Medienhafen

Die letzte Folge unserer Reihe zum Stadtjubiläum beleuchtet den Weg zur heutigen Stadt.

Düsseldorf. Es waren zwei „lange Kerls“, die ab den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Entwicklung Düsseldorfs prägten: für die SPD der Gewerkschaftsmann Klaus Bungert, der 15 Jahre Oberbürgermeister war und 1994 den Staffelstab an die bislang einzige Düsseldorfer Oberbürgermeisterin Marlies Smeets weiterreichte.

Sein Gegenspieler bei der CDU war Josef Kürten, der von 1979 bis ’84 als Erster Bürger fungierte — und es fast geschafft hätte, für zehn Jahre die Amtskette zu tragen. Aber er hatte das Pech, nach einem Wahlpatt im Stadtrat 1984 per Losentscheid gegen Bungert zu verlieren.

Bungert und Kürten stehen für eine längst vergangene Zeit, in der die Politik bei weitem nicht so transparent war wie heute. Sie waren Stadtoberhäupter der alten Schule und die Symbolfiguren der „Fraktion Düsseldorf“, in der über Parteigrenzen hinweg — damals waren allein SPD, CDU und FDP im Rat — die besten Entscheidungen für die Stadt gesucht und umgesetzt wurden.

Sie waren repräsentative Regenten und wurden vom Stadtrat gewählt, die Verwaltung führte gleichzeitig der Oberstadtdirektor, ein Wahlbeamter. Erst der umtriebige Joachim Erwin vereinte nach einer Änderung der Gemeindeordnung ab 1999 beide Funktionen auf sich und war der erste direkt vom Volk gewählte Oberbürgermeister.

Gleichwohl ist es ein Irrtum, wenn man annimmt, Bungert und Kürten hätten keine Macht gehabt. Das Gegenteil ist der Fall. Sie hatten immensen Einfluss. Beide waren starke Charaktere, wobei Kürten als der machtbewusstere Strippenzieher galt — allein bei der Stadtsparkasse hatte er mehr als 30 Jahre das Sagen.

Die Seilschaften in der Stadtbank sind Legende, so wie auf der anderen Seite die Rheinbahn als „Reich der roten Sonne“ Schlagzeilen machte.

Dem freundlichen Bungert konnte intern ganz schön der Kragen platzen, und mit Kürten legte man sich besser nicht an. Das SPD-Urgestein Kajo Keil erinnert sich daran, dass Bungert von Kürten zwar ein schlechteres Büro zugewiesen bekam, als dieser die Wahl gewonnen hatte, Bungert beim nächsten Mal unter umgekehrten Vorzeichen es ihm jedoch nicht gleichtat. „Da haben wir schon gesagt: Mensch Klaus, Du immer mit deiner Gutmenschenart.“

Aus den Widersachern Bungert und Kürten, der sich der katholischen Soziallehre verpflichtet fühlte, sind am Ende Duz-Freunde geworden. Bungert trat 2002 sogar aus der SPD aus, als er, unzufrieden mit der rot-grünen Koalition im Bund, auf einen Brief an den damaligen Kanzler Schröder keine Antwort bekam.

Nachdem die Grünen für neue Mehrheitsverhältnisse im Rat gesorgt hatten, lief Anfang der 90er-Jahre das Modell der Fraktion Düsseldorf aus. Das „Hallen-Karussell“ mit den Neubauten von Stadthalle (in der Messe) und Radschlägersaal (an der Rheinterrasse) sowie die Sanierungen von Philipshalle und Schumann-Saal war das letzte Großprojekt.

„Sehr pragmatisch hatte diese Fraktion nach Chancen für Düsseldorf gesucht und sie gemeinsam genutzt“, sagt FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus. So fiel etwa Ende der 60er-Jahre die Entscheidung, die alte Messe an der Fischerstraße (später Victoria/Ergo) aufzugeben und in Stockum neu zu bauen.

Der Liberale Burkhard Hirsch, der damals Ratsherr war und später Minister und Bundestagsvizepräsident, machte den Vorschlag, den Fernmeldeturm im Gewerbegebiet am Rhein zu bauen. Neuenhaus: „Am Wasser wurden überall auf der Welt Flächen frei, in Amerika ging es los mit der Umnutzung der Hafenareale — eine Vorlage.“

Nach dem Turm kam der Landtag zum Rhein: die Initialzündung für das moderne Düsseldorf unserer Tage. Die Stadt versprach im Gegenzug der Landesregierung, den Hafen in eine neues Zeitalter zu führen. Das war die Geburtsstunde des Medienhafens. Es folgte die Offerte des Landes, die Hochstraße neben dem neuen Landtag in einen Tunnel zu verwandeln und diesen gleich zu verlängern — an der Altstadt vorbei Richtung Norden.

Die Eröffnung des Rheinufertunnels 1993 war eine der letzten großen Amtshandlungen Bungerts. Für ihn ungewöhnlich: Bauarbeiter, die für das Schlechtwettergeld demonstrierten, drehten ihm den Ton ab. Tunnel und Promenade werden als Jahrhundertprojekte bezeichnet — der Kö-Bogen, den viele bereits ebenso nennen, muss sich dieses Etikett in der Praxis erst noch verdienen.

Das Gemeinsame war in dieser Epoche der Kommunalpolitik zuweilen größer als das Trennende; ebenso das Bewusstsein, „dass es im Selbstverwaltungsorgan Stadtrat eigentlich gar keine Regierung und keine Opposition gibt“, wie Keil sagt. Er harmonierte im Wirtschaftsförderungsausschuss mit dem heutigen OB Dirk Elbers.

Mal war der eine Vorsitzende, dann der andere. Keiner lässt heute auf sein Gegenüber etwas kommen, wenn es um diese Zusammenarbeit geht. Elbers wird da sogar wehmütig. „So Leute gibt es heute nicht mehr in der Politik.“ Dabei macht die SPD in der nun schärfer klingenden Oppositionsrolle nur, was Erwin tat, als er begann, Marlies Smeets vom Thron zu vertreiben.

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