Expertenrunde zur Infrastruktur In Straßen und Brücken investieren?

Eine Finanzierung durch Versicherungen, Banken und Bürger könnte den Investitionsstau auflösen.

Werden Straßenbauprojekte wie die Lahntalbrücke bei Limburg bald über Infrastrukturfonds oder Bürgerfonds finanziert?

Werden Straßenbauprojekte wie die Lahntalbrücke bei Limburg bald über Infrastrukturfonds oder Bürgerfonds finanziert?

Foto: Arne Dedert

Düsseldorf. Dass die maroden Straßen saniert werden müssen, ist offensichtlich. Die aufwändigen Arbeiten an den Rheinbrücken in Leverkusen und Duisburg und das dadurch verursachte Verkehrschaos sind nur besonders sichtbare Symptome für ein viel tiefer sitzendes Problem. Doch dieses ist elegant lösbar — so jedenfalls verspricht es das Ergebnis der Überlegungen einer Expertenkommission.

Die Experten sehen in der fehlenden Erhaltung der öffentlichen Infrastruktur in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eine zentrale Schwäche Deutschlands. Insbesondere Städte und Gemeinden mit geringer Wirtschaftskraft hätten ihre Investitionsbudgets erheblich reduziert. Eine Behebung der öffentlichen Investitionsschwäche erfordere deshalb neue Impulse.

Die Experten schlagen der Politik zwei Modelle vor. Einen öffentlichen Infrastrukturfonds des Bundes und der Länder. Private institutionelle Investoren (zum Beispiel Versicherungen) hätten die Möglichkeit, auf eigenes Risiko in diesen Fonds zu investieren. Durch die Bündelung vieler Projekte würde das Risiko gestreut und der Effizienzgewinn zwischen öffentlichen Auftraggebern und Investoren geteilt. Außerdem könne ein „Bürgerfonds “ als Sammelstelle für Infrastrukturfinanzierung durch individuelle Sparer geschaffen werden. Dieser würde Bürgern eine neue Anlageform bieten — mit besseren Renditeaussichten als bei herkömmlichen Sparanlagen.

Die auch in die Expertenkommission eingebundenen hochrangigen Vertreter der Versicherungsbranche haben ein großes Interesse an solchen Investitionen. Banken und Versicherer verfügen über viele Milliarden Euro, sind aber wegen der Mini-Zinsen in Not, dieses Geld gewinnbringend anzulegen. Auch für Privatanleger dürften höhere Renditeaussichten interessant sein. Die Politik würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Der Investitionsstau würde aufgelöst, gleichzeitig würde man der Versicherungsbranche unter die Arme greifen und Anlegern eine neue Perspektive bieten.

In einem abweichenden Votum machen sich die in der Expertenkommission vertretenen Gewerkschafter dagegen für eine steuerfinanzierte Infrastruktur stark: Um die Lasten gerecht zu verteilen, sollten die bisherigen Steuerprivilegien für sehr hohe Vermögen, Einkommen und Erbschaften wieder rückgängig gemacht und mit den erzielten Mehreinnahmen öffentliche Investitionen bereitgestellt werden. Zusätzlich wäre angesichts eines historisch einmaligen Niedrigzinsumfeldes von nur 0,2 Prozent für langfristige Bundesschulden eine Kreditfinanzierung — gerade im Interesse der künftigen Generationen — ein günstiger Weg, die Infrastruktur zu modernisieren. Die private Finanzierung sei im Vergleich zu den Alternativen immer teurer. Auch Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag, warnt: „Am Ende zahlen die Steuerzahler drauf, weil neben den Baukosten die Rendite der privaten Investoren bezahlt werden müssen.“ Sinnvoller wäre es seiner Ansicht nach, im Haushalt umzuschichten, ökologisch schädliche Subventionen abzubauen und die Abgeltungssteuer abzuschaffen. Dann könne man tatsächlich ohne neue Schulden die maroden Straßen sanieren.

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