Chrysler geht Allianz mit Fiat ein

Washington (afp). Eine Allianz mit Fiat, einInsolvenzverfahren und neue staatliche Milliardenhilfen sollen denangeschlagenen US-Autohersteller Chrysler retten.

Der Konzern werde unterGläubigerschutz umstrukturiert, wobei der italienische Autobauer Fiat einenAnteil von zunächst 20 Prozent übernehme, kündigte US-Präsident Barack Obama amDonnerstag an. Die USA und Kanada gaben Kreditzusagen in Höhe von 10,4Milliarden Dollar ab.

Obama bezeichnete die Allianz mit Fiat als „notwendigenSchritt“, der es Chrysler ermöglichen werde, „nicht nur zu überleben, sondern inder weltweiten Autobranche zu florieren“.

Für die Zeit des Insolvenzverfahrens,das maximal 60 Tage dauern sollte, stellte das US-Finanzministerium 3,3Milliarden Dollar (2,5 Milliarden Euro) an staatlicher Hilfe bereit. Weitere 4,7Milliarden Dollar sollen nach einer erfolgreichen Umstrukturierung fließen. Diekanadische Regierung stellte 2,4 Milliarden Dollar Nothilfe bereit.

Fiatwerde erst dann eine Mehrheitsbeteiligung bei Chrysler übernehmen können, wennalle US-Staatshilfen zurückgezahlt seien, kündigte Obama an.

Das italienischeUnternehmen teilte mit, eine Mehrheitsbeteiligung ab 2013 anzustreben.Schrittweise sollten nun die Anteile von zunächst 20 Prozent auf 35 Prozentaufgestockt werden. Die Allianz werde „einen machtvollen neuen Automobilkonzernschaffen“, erklärte Fiat-Chef Sergio Marchionne.

Chrysler kündigte an, dieArbeit in den meisten Werken für die Zeit des Insolvenzverfahrens ruhen zulassen. Das Weiße Haus hatte zuvor mitgeteilt, dass es während des Verfahrenskeine Entlassungen und Werksschließungen geben werde.

Der Gläubigerschutz nachKapitel 11 des US-Konkursrechts ermöglicht es, den Betrieb aufrecht zu erhaltenund zu sanieren, ohne die Forderungen der Gläubiger bedienen zu müssen. Zielist, unter Aufsicht des Konkursgerichts wieder in die Gewinnzone zu kommen undso den Fortbestand zu sichern.

Obamas Ankündigung gingen dramatischeVerhandlungen voran. Am Mittwochabend waren Verhandlungen mit Gläubigern übereine Reduzierung der Schulden gescheitert. Am Donnerstagmorgen dann gab dasWeiße Haus bekannt, dass Chrysler Gläubigerschutz beantragen werde. Damit wurdendie Grundlagen geschaffen für einen Einstieg von Fiat, den die US-Regierung zurBedingung für eine weitere Unterstützung von Chrysler gemacht hatte.

Durchdie Partnerschaft würden mehr als 30.000 Arbeitsplätze bei Chrysler undzehntausende weitere bei Zulieferern und Händlern gesichert, sagte Obama. Der1919 gegründete Traditionskonzern Chrysler hatte seit Monaten mit Fiatverhandelt, das unter anderem auch eine Übernahme der deutschen GM-Tochter Opelanvisiert.

Chrysler-Chef Rob Nardelli kündigte derweil seinen Rückzug von demSpitzenposten an. Das künftige Führungsteam bei Chrysler werde von Fiat und derUS-Regierung benannt, teilte er mit. Chrysler ist derzeit noch im Besitz derUS-Beteiligungsgesellschaft Cerberus. Das US-Finanzministerium kündigte an, beider Führung des Konzerns keine aktive Rolle spielen zu wollen.

Die Sanierungaußerhalb des Insolvenzrechts scheiterte nach Obamas Angaben an der Weigerungeiniger Gläubiger, von ihren Forderungen abzurücken. Der Präsident zeigte sichverärgert. Er warf diesen Gläubigern, insbesondere Hedgefonds undFinanzinvestoren, mangelnde Opferbereitschaft vor. „Ich bin nicht einverstandenmit jenen, die nicht mitmachen, wenn alle anderen Opfer bringen“, sagteer.

Die von der US-Regierung geforderten Lohnkürzungen waren hingegen amMittwochabend von der Chrysler-Belegschaft in einer Urabstimmung gebilligtworden. Die Vereinbarung sieht unter anderem Kürzungen bei den Zuzahlungen zurKrankenversicherung, einen Verzicht auf die an die Lebenshaltungskostengebundenen Lohnerhöhungen sowie Einschränkungen beim Streikrecht vor.

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