Hintergrund : Warum die anderen Parteien Glaser nicht wählen wollen
Berlin (dpa) - Drei Tage nach der Bundestagswahl nominiert die AfD-Fraktion einen Kandidaten für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten. Ihre Wahl fällt auf den ehemaligen Frankfurter Stadtkämmerer Albrecht Glaser.
Das Kalkül dahinter: Der 75-Jährige war früher Bürgermeister in Baden-Württemberg, später Kommunalpolitiker in Hessen. Mehr als vier Jahrzehnte lang gehörte der Jurist der CDU an. Ein Kandidat mit einem solchen Lebenslauf sei für die anderen Parteien nicht so leicht abzulehnen, heißt es am Rande der Fraktionssitzung. Zumal Glaser nicht dem rechtsnationalen Parteiflügel um den Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke zugerechnet wird.
Doch die anderen Fraktionen wollen nicht, dass Glaser einer der Stellvertreter von Wolfgang Schäuble wird, den die Union für das Amt des Bundestagspräsidenten vorgeschlagen hat. Stein des Anstoßes sind Äußerungen des Pensionärs über den Islam.
In einer Rede bei einer AfD-Veranstaltung im vergangenen April hatte Glaser gesagt: „Wir sind nicht gegen die Religionsfreiheit. Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert. Und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muss man das Grundrecht entziehen.“
Politiker von CDU, SPD, Linken und Grünen kündigten an, einen Kandidaten, der die Religionsfreiheit für Muslime infrage stelle, nicht wählen zu wollen. Glaser schränkte später ein, seine Äußerung sei nicht auf die einzelnen Muslime gemünzt gewesen, sondern auf den Islam als Religionsgemeinschaft. Die AfD erklärt dazu: „Sowohl Herr Glaser als auch die AfD stehen hinter der durch das Grundgesetz garantierten Freiheit des Glaubens.“ Das Grundgesetz schütze aber nicht nur die Religionen, sondern auch ihre Kritiker.
In Frankfurt erinnert man sich aus anderen Gründen an den AfD-Politiker. „Glaser, Glaser, gib uns unsere Millionen wieder!“, schrieb die „Frankfurter Neue Presse“ im Oktober 2011. Ein Fonds mit Aktienanteil, in den Glaser in seiner Zeit als Stadtkämmerer Steuergelder investiert hatte, hat deutlich an Wert verloren. Glaser verteidigt seine Entscheidung. Er sagt später, die Mitarbeiter der Kämmerei hätten den Fonds bloß Ende 2007 verkaufen müssen.