Report: Essen, fragen, zuhören - Wulff bei Muslimen zu Gast

Hannover (dpa) - Christian Wulff wirbt für den Dialog der Religionen. „Stehen wir zusammen gegen die, die genau das zerstören wollen“, sagt er. Am Montag nach den Terroranschlägen in Paris isst der ehemalige Bundespräsident bei einer türkischstämmigen Familie in Hannover zu Mittag.

Report: Essen, fragen, zuhören - Wulff bei Muslimen zu Gast
Foto: dpa

„Speisen für Waisen“ ist das Motto der Aktion, bei dem Menschen verschiedener Herkunft und Religion sich näherkommen und Geld für Kinder in Not gesammelt wird. Die muslimische Hilfsorganisation Islamic Relief Deutschland ruft noch bis Anfang Februar bundesweit Privatleute, Geschäfte und Vereine zum Mitmachen auf.

Auf der festlich gedeckten Tafel im Wohnzimmer der Familie Varol stehen gefüllte Weinblätter, Salate und Säfte. Immer mehr Leckereien von Lammkoteletts bis hin zu Süßigkeiten werden hereingetragen. Die Varols haben Freunde zum Spendenessen eingeladen: ein deutsches Rentnerpaar und ein junges türkisches Paar. Hinzu kommen der Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland sowie der Vorsitzende der palästinensischen Gemeinde Hannover.

Das Zusammenleben von Christen und Muslimen war das prägende Thema der Amtszeit von Christian Wulff. Auch nach seinem Rücktritt engagiert sich der ehemalige Bundespräsident für den Dialog zwischen den Religionen. Während der knapp zweistündigen Begegnung stellt er viele Fragen und hört zu. Es geht um Reisen in die Türkei, deutsche Autos, um islamischen Religionsunterricht, den Ramadan und Migranten in öffentlichen Ämtern.

Nach einer Stunde mit Gesprächen in lockerer Atmosphäre kommen die Terroranschläge von Paris zur Sprache. „Wie gehen Sie damit um? Ist es belastend, dass alle erwarten, dass Sie sich distanzieren?“, fragt Wulff. Er bekomme Wutanfälle, wenn er an die Terroristen denke, sagt ein Gast. „Das ist nicht der Islam.“

Zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sagt der Vorsitzende der palästinensischen Gemeinde in Hannover, Yazid Shammout: „Es ist eine terroristische Sekte, die sich nur mit dem Islam umhüllt.“ Der Solidaritätsmarsch von Paris sei ein „ermutigendes Zeichen“, dass die Mitte der Gesellschaft zusammensteht, sagt Wulff.

Kanzlerin Angela Merkel greift am Montag Wulffs Worte von 2010 auf. Der Islam gehöre inzwischen auch zu Deutschland, hatte der damalige Bundespräsident vor mehr als vier Jahren in einer Grundsatzrede am Tag der Deutschen Einheit gesagt. Dieser Meinung sei sie auch, sagt Merkel nun nach einem Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu in Berlin.

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