Annette Schavan: Gemischte Bilanz in der Bildungspolitik

Berlin (dpa) - Als langjährige CDU-Bildungspolitikerin benutzt Annette Schavan gern und häufig Begriffe wie Elite, Exzellenz, Hochbegabung und Leistung.

In ihrer Dissertation jedoch - so begründet die Universität Düsseldorf den Entzug ihres Doktortitels - habe die 24-jährige Studentin Schavan über ihre ganze Arbeit hinweg „systematisch und vorsätzlich“ gedankliche Leistungen vorgegeben, „die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte“.

Schavan will gegen das harte Urteil des Philosophischen Fakultätsrates der Universität gerichtlich vorgehen, an der sie 1980 den Doktortitel erworben hatte. Ihre Chancen werden indes gering eingeschätzt. In den vergangenen Jahrzehnten sei in ähnlichen Fällen das Votum der Hochschule in der Regel bestätigt worden. Die Verwaltungsgerichte überprüften nicht die Inhalte der Arbeiten, sondern nur das Aberkennungsverfahren, merken Hochschulrechtler an.

„Wenn eine Forschungsministerin gegen eine Universität klagt, dann ist das mit Belastungen verbunden für mein Amt, für das Ministerium, die Bundesregierung und auch die CDU. Und genau das möchte ich vermeiden, das geht nicht, das Amt darf nicht beschädigt werden“, begründete die 57-Jährige Schavan ihren Rücktritt.

Noch nie war ein Bundesbildungsminister so lange im Amt wie Schavan. Und noch ein weiterer Superlativ wird in Erinnerung bleiben: Noch nie hatte ein Bundesminister für Bildung und Forschung soviel Geld zur Verfügung. Lob und Anerkennung erfährt Schavan vor allem von den Repräsentanten der großen Forschungsorganisationen, die während ihrer Amtszeit mit soviel finanzieller Unterstützung bedacht worden sind wie nie zuvor. Ebenso erfolgreich setzte Schavan die milliardenschwere Exzellenzinitiative ihrer Amtsvorgängerin Edelgard Bulmahn (SPD) zur Stärkung der Spitzenforschung fort.

Doch die Ansichten, ob in der Bildung mit dem vielen Geld auch die richtigen Anstöße gegeben wurden, sind geteilt. Die Ergebnisse des 2008 von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Schavan initiierten Bildungsgipfels gelten als dürftig. Viele notwendige Reformen blieben schon im Ansatz stecken. Noch immer haben mehr als 1,5 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren keinen Berufsabschluss - und sind auch nicht mehr in Ausbildung.

Zudem wanderte ein Teil der von der schwarz-gelben Regierung für diese Wahlperiode in Aussicht gestellten Mehrausgaben von 12 Milliarden Euro in den Etat von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Finanziert wurde damit das vom Verfassungsgerichts erzwungenen Bildungs- und Teilhabepaketes für Kinder aus Hartz-IV-Familien.

Andere Projekte, wie etwa das von Schavan auf den Weg gebrachte „Deutschland-Stipendium“ für besonders leistungsstarke Studenten, sind aus den Anlaufproblemen bisher nicht hinausgekommen. Die überfällige Bafög-Erhöhung zur Breitenförderung schob Schavan schon im zweiten Jahr vor sich her. Kritiker vermissen eine Struktur in ihrer Bildungspolitik.

Bevor Schavan 2005 den Ministerposten in Berlin übernahm, war sie zehn Jahre Kultusministerin in Baden-Württemberg - und obendrein Bildungskoordinatorin der unionsgeführten Bundesländer. In dieser Länder-Funktion hatte sie an der Einführung des Kooperationsverbotes von Bund und Ländern in der Bildung wesentlichen Anteil. Im neuen Amt kamen zwar neue Einsichten. Doch als Bundesministerin scheiterte Schavan mit dem Versuch, das umstrittene Verbot in der Verfassung wenigstens für den Wissenschaftsbereich wieder ein wenig zu lockern.

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