CL-Aus: Dortmunds Vertreibung aus dem Paradies

Dortmunds Abschied aus der Champions League zeigt: Der Club müsste wieder mehr zum Anfang der Klopp Ära zurückfinden.

 Pierre-Emerick Aubameyang, Marco Reus und Adrian Ramos (l-r) gehen nach dem Champions-League-Spiel vom Platz.

Pierre-Emerick Aubameyang, Marco Reus und Adrian Ramos (l-r) gehen nach dem Champions-League-Spiel vom Platz.

Foto: Bernd Thissen

Düsseldorf. Es gibt diese Spiele, die einfach mehr bedeuten. Die eine Ära mitbegründen. Oder eine Ära beenden. Die Marksteine setzen für eine Entwicklung. Aufwärts oder abwärts. Borussia Dortmund hat am Mittwochabend ein solches Spiel erlebt, und das Erschreckende an dem 0:3 gegen Juventus Turin im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals war die Hilflosigkeit, mit der sich das einst so fröhlich-euphorische Ensemble von Trainer Jürgen Klopp am italienischen Meister schlecht gelaunt abgearbeitet hatte.

Von gleicher Augenhöhe, die man Dortmund und Turin in den vergangenen Jahren problemlos konstatieren durfte, keine Spur mehr. Und wer jetzt sagt, von einem Spiel könne man nicht zu derartigen Schlüssen kommen, dem sei gesagt: In zwei Spielen gegen die „alte Dame" Juventus spielte sich die Borussia keine ernstzunehmende Großchance heraus.

Es war die Art und Weise des Abschieds von Europa, nicht der Abschied selbst, der aus einem ziemlich normalen Champions-League-Abend mit schlechtem Ergebnis ein kleines Drama und das Ende einer Ära machte. Dortmunds Torwart Roman Weidenfeller sagte: „Der Abschied ist schmerzhaft. Zumal keiner weiß, wann wir wieder in der Champions League spielen werden."

In diesem Jahr wird es dem BVB nicht mehr gelingen, eine Startberechtigung für 2015/16 zu erwerben, so viel ist klar. Die Hoffnungen liegen im DFB-Pokal, das Viertelfinale gegen Hoffenheim ist das nächste Spiel, das mehr Bedeutung hat als der schnöde Alltag, in dem sich der BVB alles, nur keine neue Niederlagenserie mehr erlauben darf.

Das Pokalspiel, das am 7. April stattfindet, war nach zwei Stunden ausverkauft. Ein Pokalsieg am 30. Mai in Berlin garantierte mindestens die Teilnahme an der Europa League. Aber nach Jahren in der Königsklasse mit fulminanten Festen des Fußballs, insgesamt 37 Spielen und der Begründung eines ganz eigenen Mythos würde sich selbst die Europa League wie die Vertreibung aus dem Paradies anfühlen.

Eineinhalb Jahre findet die Champions League mindestens woanders als an der Strobelallee statt, die Aktie des einzigen börsennotierten deutschen Fußballvereins war Mittwoch auf Sinkflug und verlor zeitweise rund fünf Prozent. Schönreden? Gab es nicht: Trainer Jürgen Klopp sprach von einem „Spiel zum Vergessen", Kapitän Mats Hummels von einer „unterirdischen zweiten Halbzeit".

Nationalspieler Marco Reus, der seine besonderen Fähigkeiten gegen Juventus ganz gut verschwiegen hatte, sagte: „Wir sind alle sehr enttäuscht, dass wir rausgeflogen sind — vor allem über die Art und Weise." Die Folgen gehen über mentale Erschütterungen weit hinaus: Das Ausscheiden dürfte den Umsatz um etwa 40 Millionen Euro senken.

Für die benötigte Renovierung des Kaders steht weniger Geld als zuvor zur Verfügung. „Unser aktueller Tabellenplatz verbietet große Transfers", hatte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke schon vorher gesagt. Dortmund wird auch zu einem guten Teil gezwungen dahin zurückzukehren, wo die Ära nach Jahren der Tristesse dann mit dem jung-euphorischen Trainer Jürgen Klopp einmal begonnen hatte: Eben dorthin, wo Stars entwickelt werden. Und wo unentdeckte Perlen der Fußball-Welt weniger kosten als Henrich Mchitarjan, für den der BVB 22 Millionen Euro investiert hatte.

Inzwischen projiziert sich viel der Ablehnung der Fans auf den wenig effizienten Armenier. Kein Zweifel: Der BVB wird sich neu erfinden müssen. Aber vielleicht ist das auch viel einfacher, wenn eine Saison wie die laufende einfach mal komplett in die Binsen geht. Auf weggeräumten Trümmern lässt sich ganz gut bauen.

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