Fußball: Der Mann, der Klinsmann und Löw überlebte

Horst Hrubesch steht mit der U 19 bei der EM im Halbfinale. Nicht jeder wird sich darüber freuen.

Düsseldorf/Mlada Boleslav. 1980 hat Horst Hrubesch ein Buch geschrieben. "Dorschangeln vom Boot und an der Küste" heißt das Werk, was irgendwie komisch klingt, weil man Hrubesch eigentlich nur als groß gewachsenes Kopfball-Ungeheuer des Hamburger SV kennt, das gelegentlich mal zum Angeln geht.

Aber man hat von Horst Hrubesch auch schon ziemlich despektierlich als Trainer gesprochen, als einen, der in der modernen Zeit des Fußballs nie angekommen ist. Und seit einigen Tagen wird dieser Hrubesch für seinen Erfolg als Trainer der deutschen U19-Juniorennationalmannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft in Tschechien gefeiert. Hrubesch ist der Mann der Widersprüche.

Das eigentlich Überraschende an dem starken und viel beachteten Auftritt der U19, die mit überzeugenden Vorrundensiegen gegen Spanien, Bulgarien und Ungarn ins Halbfinale am Mittwoch gegen Tschechien eingezogen ist, ist ihr Trainer. Als Matthias Sammer als neuer Sportdirektor des DFB im August 2006 eben jenen Hrubesch zum U18-Trainer gemacht hatte, da dürften DFB-Teammanager Oliver Bierhoff und Bundestrainer Joachim Löw die Gesichtszüge entglitten sein.

Denn der inzwischen 57-Jährige stand nicht für Neuanfang, nicht für moderne Trainingslehre, nicht für all das, was das A-Nationalteam unter Jürgen Klinsmann und Löw revolutioniert hatte - und nun auf alle Nachwuchsteams übertragen werden sollte. Hrubesch stand für das Gegenteil. Und damit war er Gegenstand des ersten Streits zwischen Bierhoff und Löw auf der einen und Sammer auf der anderen Seite.

Der Mann, der in 21 Länderspielen für Deutschland sechs Tore erzielte und 1980 Europameister wurde, als Trainer von Rot-Weiß Essen und Dynamo Dresden aber nicht sonderlich in Erscheinung trat, gilt in der von Klinsmann geprägten DFB-Welt als Anachronismus.

Und damit als Beweis der Macht Sammers, der bei der EM in diesen Tagen keinen Meter von seiner Seite weicht. Sammer ist der Motivator: "Das Team muss jetzt den absoluten Siegeswillen haben", fordert er vor Ort, weil er weiß, dass Hrubeschs Erfolg auch sein Erfolg wäre.

Der gebürtige Hammer hat viel aus dem Wortschatz seiner größten Kritiker übernommen. "Wir sind hierher gekommen, um fünf Spiele zu gewinnen. Das erwarte ich von der Mannschaft", hat Hrubesch gesagt und das Team aus zwei großen Blöcken mit Spielern von Bayer Leverkusen und 1860 München formiert.

Seine Mannschaft, die auf die herausragenden Talente Toni Kroos (Bayern München), Maxim Choupo-Moting (HSV) und Marko Marin (Mönchengladbach) sogar noch verzichtet, weil die Spieler schon in älteren Jahrgängen spielen, gilt als ausgeglichen und spielstark.

Und seine Mannschaft hat Titelverteidiger Spanien gleich im ersten Spiel mit 2:1 besiegt, obwohl das Land des Europameisters von den letzten acht möglichen Juniorentiteln fünf gewonnen hatte. "Dabei haben wir noch nicht am Limit gespielt", sagte Hrubesch hernach. Und freute sich diebisch. Mit Matthias Sammer.

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