Schutz gegen Übergriffe: Busfahrer sitzen hinter Glas

Übergriffe gegen Personal gibt es im Nahverkehr regelmäßig. Die Verkehrsbetriebe rüsten auf.

Wuppertal/Solingen/Düsseldorf. Die schmale Scheibe neben dem Fahrersitz sieht aus, als solle sie gegen Luftzug schützen. Dabei erschwert das dicke Sicherheitsglas Schläge und Spuckattacken. Landesweit gibt es Angriffe auf Busfahrer. Die Solinger Stadtwerke rüsten ihre Oberleitungsbusse nun mit einer Schutzscheibe auf.

„Wir haben schon 20 Übergriffe in diesem Jahr“, sagt Alexander Sorgenicht, Prokurist des Solinger Verkehrsbetriebs. Von Beleidigungen bis zu brutalen Angriffen käme alles vor, und es werden immer mehr. Ob es Zeugen gibt, sei vielen Tätern egal.

„Wenn die Zuschauer alles gesehen haben, gehen sie weg, damit sie keine Lauferei zur Polizei haben“, sagt ein Fahrer. Er war zur Mittagszeit unvermittelt mit einer sogenannten Kopfnuss angegriffen worden, war sechs Wochen lang krankgeschrieben.

Die verschiebbare Scheibe nach Solinger Modell lässt zwar viel Platz frei, verkleinert aber den direkten Durchgriff zwischen Fahrer und Passagier. „Täter konnten bisher nahe beim Fahrer stehen und damit von oben angreifen“, sagt Sorgenicht.

„Bei bisherigen Kabinenlösungen gab es auch Schwierigkeiten mit Reflexionen an den Scheiben.“ Außerdem dürfe der Fahrer bei einem Unfall nicht eingeklemmt werden.

Über den Schweizer Lieferanten der Oberleitungsbusse kam der Kontakt zum Fahrzeugteile-Spezialisten Hübner aus Kassel zustande. Alle Busse könnten mit dem Sicherheitssystem ausgestattet werden, bis zum Jahresende sollen es erst einmal 15 sein. Die Kosten: 20 000 Euro.

Auch andernorts gibt es Probleme mit Attacken auf das Personal in Bus und Bahn. In Düsseldorf war es eine Bierflasche, mit der ein Straßenbahnfahrer während seiner Pause an einer Endhaltestelle geschlagen wurde, berichtet Rheinbahn-Sprecher Eckhard Lander.

Zwölf Taten registriere das Unternehmen pro Jahr, darin enthalten seien Übergriffe gegen Kontrolleure. Jeder einzelne Fall werde analysiert. „Vor Jahren haben wir mal diskutiert, ob wir eine zusätzliche Tür an der Fahrerseite einbauen können“, sagt Lander. Dann wäre der Fahrer aber im Notfall direkt in den fließenden Verkehr geflüchtet. Die Idee wurde verworfen.

Die Stadtwerke Krefeld setzen in den Nachtbussen zusätzliche Mitarbeiter ein, sagt Sprecherin Dorothee Winkmann. Die Fahrer würden geschult, um gefährliche Konflikte möglichst sicher ableiten zu können.

Bei den Essener Verkehrsbetrieben (EVAG) gibt es Video-Überwachung in allen 190 Bussen, rund 70 haben bereits ab Werk eine Schutzscheibe für den Fahrer: „Die öffentlichen Verkehrsmittel sind immer noch vergleichsweise sicher, wenn man die Gesamtzahl der Fahrgäste berücksichtigt. Allerdings verzeichnen unsere Fahrer mehr Pöbeleien“, so EVAG-Sprecher Olaf Frei.

Holger Stephan, Sprecher der Wuppertaler Stadtwerke, bestätigt: „Das Klima ist rauer geworden.“ Drei bis viermal im Jahr komme es zu tätlichen Angriffen in Wuppertal — trotz Deeskalationstraining: „Wir haben in den meisten Bussen Video-Überwachung. Seitdem sind jedenfalls die Sachbeschädigungen deutlich zurückgegangen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort