Schlangen vor den Wahllokalen in Katalonien

Katalonien: Schlangen vor den Wahllokalen. Pep Guardiolas Freunde, für die Unabhängigkeit zu stimmen.

Schlangen vor den Wahllokalen in Katalonien
Foto: Toni Albir

Katalonien. Es war ein, regnerischer Tag in der katalanischen Metropole Barcelona, aber auf den Straßen herrschte trotzdem Festtagsstimmung. Unabhängigkeitsfahnen wehten an vielen Fenstern und Balkonen. Lange Schlangen bildeten sich vor jenen Wahllokalen, in denen die Katalanen am Sonntag über die Zukunft ihrer eigenwilligen Region abstimmen konnten. Obwohl es nur eine symbolische und inoffizielle Volksbefragung war, die keine rechtliche Auswirkungen haben wird.

Sogar Pep Guardialo, der katalanische Trainer Bayern Münchens, war extra mit seiner Frau Helena aus Deutschland eingeflogen, um seine Stimme für die Unabhängigkeit Kataloniens abzugeben. „Das ist heute ein sehr wichtiger Schritt“, sagte er im Kulturzentrum CIC im Herzen Barcelonas, wo eines der mehr als 1300 Abstimmungslokale der Mittelmeerregion installiert worden war. „Es macht mir große Freude, hier teilnehmen zu dürfen.“

Pep Guardiola, der im katalanischen Dorf Dorf Santpedor geboren wurde, ist eine der internationalen Galionsfiguren der Unabhängigkeitsbewegung. Er lässt keine Gelegenheit aus, um für die Abspaltung seiner rebellischen Heimatregion von Spanien zu trommeln. Und für ein verbindliches Unabhängigkeitsreferendum. „Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung“, sagt der Fußballtrainer.

Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy ist da anderer Meinung. Er hatte beim nationalen Verfassungsgericht Klage gegen die Referendumspläne der katalanischen Regionalregierung eingereicht, weil nur das ganze spanische Volk über eine Veränderung der staatlichen Einheit entscheiden könne. Die Verfassungsrichter nahmen die Klage an, womit die offizielle Abstimmung gestoppt wurde — auch wenn über die Klage selbst damit noch nicht entschieden ist.

Daraufhin verwandelte der katalanische Regierungschef Artur Mas die offizielle Volksabstimmung in einen inoffiziellen „Akt der Bürgerbeteiligung“, der vor allem von der privaten Unabhängigkeitsplattform „Assemblea Nacional Catalana“ (Katalanische Nationalversammlung) getragen wurde. Eine List, um nach dem gerichtlichen Verbot Ärger mit der Staatsanwaltschaft zu vermeiden. Der spanische Ministerpräsident Rajoy ließ dem obersten Separatisten Artur Mas ausrichten, dass diese symbolische Abstimmung „keinerlei Auswirkungen“ haben werde.

Sein katalanischer Widersacher Mas zeigte sich derweil „stolz“ über diesen „historischen Tag“ und wurde mit Beifall und den Rufen „Unabhängigkeit, Unabhängigkeit“ gefeiert, als er in einer Schule in Barcelona seine Stimme abgab. Auf zwei Fragen sollten die Katalanen am Sonntag antworten: „Wollen Sie, dass Katalonien ein Staat ist?“ Und wenn ja: „Wollen Sie, dass dieser Staat unabhängig ist?“ Artur Mas bekannte, dass er zwei Mal mit „Si“ geantwortet habe. Und er forderte Spaniens Premier Rajoy auf, mit ihm ein „definitives Referendum“ auszuhandeln. Rajoy stellte bereits klar, was er davon hält: Nichts. „Solange ich Spaniens Regierungschef bin, wird niemand die Einheit Spaniens zerstören.“

Deswegen wird Mas, der in der Abstimmung mit einem lautstarken Doppel-Ja rechnen kann, wohl demnächst seinen „Plan B“ verkünden. Vorgezogene Wahlen in Katalonien, in denen den Umfragen zufolge die katalanischen Separatistenparteien ihre Mehrheit weiter ausbauen dürften. Ein solches Wahlergebnis, so lautet das Kalkül in Barcelona, wird dann auch eine deutliche Botschaft an die Zentralregierung in Madrid senden.

Katalonien hat 7,5 Millionen Einwohner und ist die wirtschaftsstärkste Region Spaniens. Die Katalanen pflegen ihre eigene Sprache und Kultur, und sie fühlen sich vom spanischen Zentralstaat zunehmend ignoriert und steuerlich ausgebeutet. (ze)

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