Fast 30 Zivilisten bei Beschuss in Mariupol getötet

Mariupol (dpa) - Die prorussischen Aufständischen in der Ostukraine haben ihre angekündigte Großoffensive mit einem Angriff auf die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol begonnen.

Fast 30 Zivilisten bei Beschuss in Mariupol getötet
Foto: dpa

Das sagte Separatistenführer Alexander Sachartschenko am Samstag in Donezk der Agentur Interfax zufolge. Zu einem Raketenangriff auf ein Wohnviertel von Mariupol, bei dem nach jüngsten Behördenangaben mindestens 27 Zivilisten getötet und fast 100 verletzt wurden, äußerte er sich nicht.

Das ukrainische Militär und die Separatisten beschuldigten sich gegenseitig, den Vorort der Hafenstadt am Asowschen Meer beschossen zu haben. Verteidigungsminister Stepan Poltorak sagte, die Armee erwidere Angriffe der Aufständischen. Ukrainische Medien zeigten Bilder von brennenden Autos und einer schwarzen Rauchsäule über dem Vorort.

Präsident Petro Poroschenko berief für diesen Sonntag den Nationalen Sicherheitsrat ein. Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk forderte eine Krisensitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage im Osten des Landes.

Die Europäische Union ermahnte Russland in deutlicher Sprache, die moskautreuen Separatisten nicht mehr militärisch, politisch und finanziell zu unterstützen. „Das würde verheerende Folgen für alle verhindern“, erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Samstag in Brüssel. Moskau habe beträchtlichen Einfluss auf die Anführer der Separatisten. Die Italienerin warnte vor einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen zwischen der EU und Russland.

Die neue Gewalteskalation untergräbt Hoffnungen auf eine friedliche Lösung des Konflikts. Seit einem Krisentreffen der Außenminister Deutschlands, Russlands, der Ukraine und Frankreichs am Mittwoch in Berlin hat sich die Lage im Bürgerkriegsgebiet verschärft. Dutzende Zivilisten wurden getötet.

Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats in Kiew, Alexander Turtschinow, warf Russland vor, moskautreue Separatisten bei dem Angriff auf den Vorort von Mariupol unterstützt zu haben. Russland hatte ähnliche Anschuldigungen in der Vergangenheit zurückgewiesen. Die Aufständischen sprachen von einer Provokation der prowestlichen Führung in Kiew. Sie hätten keine Geschütze mit einer entsprechenden Reichweite in der Gegend stationiert, hieß es.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schickte nach eigenen Informationen Beobachter zur Überprüfung des Vorfalls nach Mariupol. Die OSZE forderte ein sofortiges Ende der Kämpfe in Wohngegenden sowie den Abzug schwerer Waffen, wie ihn Vertreter der ukrainischen Führung und der moskautreuen Separatisten in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbart hatten.

Die OSZE sei zu Vermittlungen bereit, hieß es. Die Aufständischen hatten neue Gespräche in Minsk jedoch zunächst abgelehnt. Ihr Anführer Alexander Sachartschenko sagte, er wolle nur noch mit Präsident Petro Poroschenko sprechen. In dem Konflikt wurden nach UN-Angaben seit April 2014 mehr als 5000 Menschen getötet.

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