Chodorkowski-Urteil kurzfristig verschoben

Moskau (dpa) - Das Urteil im umstrittenen Prozess gegen den inhaftierten Kremlgegner und früheren Öl-Unternehmer Michail Chodorkowski (47) verzögert sich um zwei Wochen bis nach Weihnachten. Ohne Angabe von Gründen sagte das Gericht in Moskau die für Mittwoch geplante Verkündung kurzfristig ab.

Richter Viktor Danilkin werde seinen mit Spannung erwarteten Spruch erst vom 27. Dezember an verlesen, stand auf einem Zettel an der Gerichtstür. Chodorkowski soll 218 Millionen Tonnen Öl unterschlagen haben.

„Offiziell wird uns mitgeteilt, dass der Richter mit dem Abfassen des Urteilstextes nicht fertig geworden sei“, sagte Chodorkowskis Anwalt Konstantin Riwkin. Menschenrechtler vermuten aber, dass die Verkündung absichtlich auf das Jahresende verlegt wurde, wenn die Aufmerksamkeit im Westen geringer sei.

Nach Ansicht von Beobachtern will die russische Regierung den noch immer einflussreichen Chodorkowski über die Präsidentenwahl 2012 hinaus kaltstellen. Die Staatsanwaltschaft fordert für den früheren Chef des inzwischen zerschlagen Ölkonzerns Yukos sechs weitere Jahre Haft. Er käme damit frühestens 2017 frei.

Chodorkowski hatte die Vorwürfe stets als politisch motiviert zurückgewiesen und will im Falle eines weiteren Schuldspruchs notfalls bis vor den Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ziehen. Auch Deutschland und die USA hatten das Verfahren kritisiert. Rechtsexperten warnten davor, Chodorkowski zweimal wegen des gleichen Tatbestandes zu verurteilen.

Chodorkowski ist einer der schärfsten Kritiker von Regierungschef Wladimir Putin. Der Ex-Kremlchef hatte einen politischen Charakter des Prozesses stets zurückgewiesen, das Verfahren jedoch als gerecht verteidigt. Solange Putin an der Macht sei, rechne er nicht mit seiner Freilassung, hatte Chodorkowski betont.

Der Ex-Ölmanager und sein mitangeklagter früherer Geschäftspartner Platon Lebedew sitzen bereits seit 2003 wegen Steuerhinterziehung im Straflager. Diese Strafe endet 2011. Auch im ersten Prozess war die Urteilsverkündung um zwei Wochen verschoben worden.

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