Start mit Sorgen So machen Studenten das Beste aus dem Semester

Berlin/Braunschweig · Erst eine lange Hängepartie - und nun digitale Lehre: Besonders Studienanfänger hatten sich den Start des Sommersemesters wohl anders vorgestellt. Wie können sie mit den vielen Unsicherheiten umgehen?

So machen Studenten das Beste aus dem Semester
Foto: dpa-tmn/Armin Weigel

Raus aus dem Elternhaus und rein ins Studentenleben: Während der Orientierungstage neue Freunde finden, WG-Partys schmeißen und in der Mensa abhängen. Doch dieser Traum vom Studienstart liegt jetzt für viele erstmal auf Eis. Am Großteil der Hochschulen beginnt die Lehre zunächst digital. Wo es wann genau losgeht, zeigt ein Überblick des Hochschulforums Digitalisierung.

Studierende, die für das Studium eigentlich in eine andere Stadt gezogen wären, wurden vielerorts aufgefordert, ihr Semester zunächst von zu Hause aus zu erledigen. So mancher startet das Unileben damit ungeplant im Kinderzimmer. Hochschulsport, Studentencafés, Bibliothek: erstmal alles zu. Wie soll man da bloß Anschluss finden?

Generalprobe für die Selbstständigkeit

Zunächst sollte man sich klar machen, dass man gerade nicht der Einzige ist, dem es so geht, meint Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Die Ungewissheit der Krise lasse sich trotz enttäuschter Erwartungen nur durch kreatives, eigenständiges Handeln bewältigen, wie es ein Studium auch fordert. Videokonferenzen und soziale Medien seien gute Möglichkeiten, sich mit anderen Anfängern zu vernetzen und sich gegenseitig zu helfen.

Lösungsorientiert zu denken und die neuen Medien zu nutzen, das rät auch Michaela Himstedt von der psychologischen Beratungsstelle des Studentenwerks Ostniedersachsen. Studierende sollten alle Infoportale der Hochschulen nutzen, sich Tagespläne wie in der Schule machen und digitale Lerngruppen auf WhatsApp, Telegram oder Facebook gründen. Darin könne man sich mit anderen zum gemeinsamen Lernen verabreden, Strategien austauschen oder einfach fragen, wie der Tag war.

Beratungsstellen sind Ansprechpartner

Generell sollte sich niemand scheuen, bei Problemen sofort Kontakt zu helfenden Institutionen der Universitäten wie dem Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) oder den Beratungsstellen zu suchen. Internationale Studierende können sich an das International Office ihrer Uni wenden.

Zum Teil gestaltet sich auch die Wohnsituation für die Studierenden schwierig: „Einige bitten etwa aufgrund eines Jobverlusts in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie um Stundung der Mietzahlung“, sagt Maurice Marklein, Wohnberater des Studentenwerks Ostniedersachsen. „Andere wiederum reisen aufgrund der Covid-19-Pandemie in ihre Heimatländer zurück“.

Weil deshalb Wohnheimzimmer frei blieben, können manche Wohnheime flexible Verträge für Studierende anbieten, die erst später im Semester ein Zimmer benötigen. Wer also nicht zu Hause bei den Eltern bleiben kann, hat vielleicht noch die Chance auf einen von insgesamt 194.000 Wohnheimplätzen in Deutschland.

Sich ohne Studentenjob finanzieren?

Probleme gibt es oft auch in finanzieller Hinsicht. Dem Arbeitsmarkt geht es nicht gerade gut, und Studentenjobs, die normalerweise vielen die Studienzeit finanzieren, fallen weg. Meyer von der Heide rät, sich nach Nebenjobs im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft oder im Einzelhandel umzuschauen - dort werde händeringend nach Verstärkung gesucht.

Wer in finanzielle Schwierigkeiten gerät, kann sich an Sozialberaterinnen wie Kerstin Hanelt wenden, die in Lüneburg für das Studentenwerk arbeitet: „Wir besprechen individuell alle Möglichkeiten der Studienfinanzierung, die Studierende haben oder nicht haben - das ist unsere Aufgabe“.

Unter Umständen, etwa wenn Studierende selbst oder die Eltern ihren Job verloren haben, lässt sich möglicherweise mittels eines Bafög-Aktualisierungsantrag die Förderung erhöhen. Studienkredite seien eine andere Option. Nur sehr selten jedoch bekämen Studenten Wohn- oder Arbeitslosengeld.

Sorgen um das Bafög müssen sich Geförderte nicht machen, heißt es aus dem Bundesbildungsministerium. Die Fördergelder würden weiter ausgezahlt, auch für Erstis. Die Regierung hat für Studierende zudem zinslose Darlehen als Überbrückungshilfen in Aussicht gestellt.

Digitale Lehre: Verbindlichkeiten selbst schaffen

Es zeigt sich: Studienanfänger müssen nicht zuletzt aufgrund der finanziellen Situation zu Organisationsexperten werden. Doch auch das Lernen in digitalen Umgebungen, die an vielen Unis erst eingerichtet werden müssen, erfordert Selbstdisziplin. Zwar gehören umfangreiche digitale Literaturbestände heute zum Standard an den Unis, doch mit der technischen Durchführung virtueller Vorlesungen klappt es laut Leo Schneider, Sozialreferent des AStA der Uni Hamburg, aufgrund fehlender Investitionen oft eher unzureichend.

Der AStA empfiehlt hierzu, sich die fehlenden sozialen Verbindlichkeiten selbst zu schaffen, beispielsweise durch gemeinsame Lernzeiten in der WG, im Wohnheim oder in der Online-Lerngruppe.

Auch die Studentenwerke beraten zum Thema Selbstständiges Arbeiten mit Flyern und Gesprächsstunden. Am besten, so Michaela Himstedt, richtet man sich einen sauberen Arbeitsplatz ein und studiert nur dort und nur zu bestimmten Zeiten. Denn das Wichtigste ist jetzt: Studium und Freizeit getrennt halten, sich frühzeitig informieren und notfalls Rat einholen.

(dpa)
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