Mordfall Lübcke Wie die rechtsextreme Szene in Nordhessen sich zusammensetzt

Wiesbaden/Kassel · In Nordhessen gibt es eine aktive rechtsextreme Szene. Nach der Festnahme des Verdächtigen im Mordfall Lübcke, der einen rechtsextremen Hintergrund haben soll, rückt die Szene in der Region stärker in den Blick.

 Die „Identitäre Bewegung“ ist auch in Nordhessen aktiv. Im Bild: Anhänger der rechtsradikalen Bewegung in Berlin.

Die „Identitäre Bewegung“ ist auch in Nordhessen aktiv. Im Bild: Anhänger der rechtsradikalen Bewegung in Berlin.

Foto: picture alliance / Paul Zinken/d/Paul Zinken

Zur rechtsextremen Szene in Hessen gehören verschiedene Gruppen und Parteien, die regional unterschiedlich stark präsent sind. Das Landesamt für Verfassungsschutz ging zuletzt von hessenweit rund 1465 Rechtsextremisten aus. Davon gelten 670 als gewaltorientiert.

In der Vergangenheit sorgte die Szene insbesondere in Mittelhessen für Schlagzeilen, wo etwa NPD-Veranstaltungen wiederholt für Streit sorgten. Auch in Nordhessen gibt es eine aktive rechtsextreme Szene - die sich nach Experteneinschätzung in den vergangenen Jahren verändert hat. Nach der Festnahme des Verdächtigen im Mordfall Lübcke, der einen rechtsextremen Hintergrund haben soll, rückt die Szene in der Region stärker in den Blick.

Ihr Auftreten in der Öffentlichkeit habe sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt, berichtet das „Mobile Beratungsteam gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ in Kassel. Die Szene sei öffentlich weniger präsent, man beobachte gleichwohl Aktivitäten im Internet.

„Im Vergleich zu einigen Jahren zuvor haben wir in Nordhessen und besonders in Kassel keine manifeste Szene mehr“, sagt auch der Leiter des Demokratiezentrums an der Uni Marburg, Reiner Becker. Rechtsextreme Gruppierungen wie „Sturm 18“ und der „Freie Widerstand“ wurden demnach verboten oder treten öffentlich nicht mehr in Erscheinung. Die klassische Kameradschaft gebe es immer weniger.

Aktiv ist in Nordhessen laut dem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2017 aber die Identitäre Bewegung, die in der Region Ortsgruppen haben soll.

In dem Bericht listet das Landesamt für Verfassungsschutz verschiedene rechtsextremistische Vorfälle in Nordhessen auf. Dazu gehören:

- Banner- und Plakataktionen der Identitären Bewegung in Kassel

- Luftballon-Aktion der Identitären Bewegung mit Flyern gegen die Kunstausstellung documenta in Kassel

- Rechtsextreme Partei- beziehungsweise Rednerveranstaltungen mit Musik im Schwalm-Eder-Kreis.

- Kontrolle von mehreren deutschen Staatsbürgern bei der Einreise aus Tschechien im September 2017. Sie sollen dort Schießübungen durchgeführt haben. Es ergaben sich dem Bericht zufolge nicht nur Hinweise auf Verstöße gegen das Waffengesetz, sondern auch auf einen Bezug zu der rechtsextremen Gruppierung „Combat 18“. Aus der Antwort des hessischen Innenministeriums auf eine FDP-Anfrage im Landtag (Februar 2018) geht hervor, dass in dem Fall auch gegen Nordhessen ermittelt wurde.

Der neue Verfassungsschutzbericht soll einem Sprecher des Landesamtes zufolge im Herbst vorgestellt werden.

Die Partei NPD spielt anders als in einigen Kommunen in Mittelhessen kaum eine Rolle im Norden des Landes. Während die NPD bei den vergangenen Kommunalwahlen etwa in Büdingen, Leun oder Wetzlar Sitze in den Parlamenten holen konnte, schaffte sie dies in Nordhessen nicht.

(dpa)
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