Dresdener Landgericht: Mord an Ägypterin wird verhandelt

Dresden. Der Schauplatz der Verhandlung ist zugleich derTatort: Im Dresdner Landgericht beginnt am Montag der Prozess um denaufsehenerregenden Mord an der schwangeren Ägypterin Marwa El-Sherbini, die am 1. Juli in einem Gerichtssaal erstochen wurde.



Dem heute 29 Jahre alten Alex W. wird vorgeworfen, die 31-Jährige mitmindestens 16 Messerstichen getötet zu haben. Tatmotiv war nach Ansichtder Ermittler fanatischer Hass auf Muslime. Der Ehemann der Frau wurdelebensgefährlich verletzt, als er seine Frau schützen wollte. DieAnklage geht von versuchtem Mord und gefährlicher Körperverletzung aus.Alex W. stammt aus Perm in Russland, besitzt aber einen deutschen Pass.

Marwa El-Sherbini war am ersten Julitag zu einem Berufungsprozess insLandgericht gekommen. Es ging um eine Beleidigung. Alex W. hatte dieKopftuch tragende Frau im Sommer 2008 auf einem Spielplatz als„Islamistin“, „Terroristin“ und „Schlampe“ beschimpft. Sie erstatteteAnzeige. Der Angeklagte bekam eine Geldstrafe, ging aber in Berufung.

Als die Frau am 1. Juli als Zeugin ausgesagt hatte und den Saalverlassen wollte, ging Alex W. laut Anklage mit einem Küchenmesser aufdie Frau los. Auch ihr Mann, der außerdem durch den Schuss einesBundespolizisten am Bein verletzt wurde, bekam mindestens 16 Stiche ab.Die Tat geschah vor den Augen des dreijährigen Sohnes.

Strenge Sicherheitsvorkehrungen im Gericht


Aus Sorge vor Racheakten gelten für den Prozess strengeSicherheitsauflagen. Zuschauer und Prozessbeteiligte sind durch eine2,50 Meter hohe Glaswand getrennt. Die Bluttat hatte im In- und Auslandfür Entsetzen gesorgt. In der arabischsprachigen Welt wurde auch derRuf nach Vergeltung laut.

Für die Verhandlung haben sich zahlreiche Medienvertreter akkreditierenlassen, darunter Journalisten aus dem arabischen Raum. Etwa 200Polizisten sollen den Prozess sichern. Zunächst sind elfVerhandlungstage angesetzt. Zweieinhalb Wochen gibt es keinen anderenProzess im Gebäude des Landgerichts.


Gegen den Angeklagten gibt es einen Mordaufruf. Anfang August hatteScheich Ihab Adli Abu al-Madschd in einer einstündigen Audiobotschaftim Internet den in Deutschland lebenden Muslimen nahe gelegt, den Mannzu töten und Gottes Lohn in Aussicht gestellt.

Die Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen, Silvaine Reiche,bestätigte einen Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Das LKAgehe von einer „abstrakten Gefährdungslage“ aus. Es gebe aber keinenHinweis, dass bei dem Prozess tatsächlich ein Anschlag geplant sei.

Staatskapelle spielt nicht in Ägypten


Wegen Sicherheitsbedenken fallen zwei Konzerte der SächsischenStaatskapelle, die für den 31. Oktober und 2. November in Alexandriaund Kairo geplant waren, aus. Sie sollen auf Wunsch Ägyptens nichtstattfinden, teilte das Orchesterbüro mit. Man wolle sich bald mit denVeranstaltern zusammensetzen, um neue Termine zu finden, hieß es.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort