Die Huldigung der Currywurst

Erstmals zeigt ein Museum alles rund um die würzige Imbissbuden-Delikatesse.

Berlin. Helles, zartes Brät. Ein in heißem Öl gesottener Fleischrohling, dazu hausgemachte Soße - zum Niederknien! Wer morgens um sieben nur einmal bei "Konnopke" unter der Hochbahnbrücke an der Schönhauser Allee angestanden und aufgegessen hat, weiß, dass nicht der Bär Berlins wirkliches Wahrzeichen ist. Sondern die Currywurst. Dutzende Frühaufsteher und Nachtschwärmer, Schlipsträger wie Bauarbeiter, warten dort unter der Woche regelmäßig voller Sehnsucht auf die ersten und besten Würstchen der Stadt.

Von "Konnopke", mitten im Prenzlauer Berg gelegen, bis zum ehemaligen Grenzposten Checkpoint Charlie ist es nicht weit. Dort, in der Schützenstraße, geht es ab Samstag ebenfalls um die Wurst. Achtung! Heiß, scharf und fettig! Deutschlands erstes Currywurst-Museum öffnet seine Pforten, um einer Lebenseinstellung zu huldigen, der weder Döner und Sushi noch Fitnesswahn und Vegetarismus bislang etwas anhaben konnten.

Die Museumsmacher um Martin Löwer rechnen mit 350 000 Besuchern im Jahr, die sich künftig alles zu Gemüte führen können, was es zu den gut 800Millionen Mal im Jahr hierzulande verzehrten Kalorienbomben in Würztunke zu wissen gibt. Essen darf man sie natürlich auch.

Das Ausstellungskonzept ist, neudeutsch gesprochen, rattenscharf. Multimedia-Stationen in Form von Ketchup-Flaschen, aus denen nichts Rotes fließt, sondern knackige Interviews mit prominenten und weniger prominenten Wurstliebhabern, sind ebenso zu finden wie eine begehbare Imbissbude, wo jeder Gast an einschlägigen Geräten testen kann, wie man die Wurst der Würste hinkriegt.

In einem Kinosaal laufen jene Filme, in denen die Currywurst mehr als Statistenrollen zu spielen hatte: etwa bei Duisburgs "Tatort"-Kommissar Schimanski und seinen Kölner Kollegen Schenk und Ballauf, die so manchem Täter erst bei Pommescurrywurstmitmayo auf die Schliche kamen.

Eine andere Abteilung gibt Einblick in die verschiedenen Zubereitungs-Philosophien. Wo mancherorts die Currywurst in einer bräunlich-süßlichen Soße dümpelt, schüttet der Berliner gern ein scharf-tomatiges Gemisch darüber und pudert das Ganze oft noch mit Currypulver.

Wer weiterzieht durch die Ausstellung unter dicken, roten Saucentropfen an der Decke, kommt zwangsläufig zu Herta Heuwer, ihres Zeichens Erfinderin der Currywurst und, natürlich, Berlinerin.

Glaubt man den einschlägigen Wurstologen, dann hat die längst verstorbene Besitzerin einer Imbissbude an der Kantstraße im Stadtteil Charlottenburg an einem verregneten Herbsttag 1949 mehr aus Langeweile mit allerlei Gewürzen und Tomatenmark experimentiert. Fertig war der rote, dickflüssige Saft, den sie "chill up" nannte und erst zehn Jahre später beim Münchner Patentamt schützen ließ.

Löwer und seine Mitstreiter, die privat knapp fünf Millionen Euro für die Museumseinrichtung bereitgestellt haben, haben auch den so genannten Currywurst-Krieg nicht ausgeblendet. Damit ist die langjährige Spaßfehde zwischen Berlin und Hamburg gemeint, wo eifrige Hanseaten immer noch darauf bestehen, dass die erste Currywurst auf deutschem Boden das Kennzeichen HH trug.

Bereits 1947, zwei Jahre vor Herta Heuwer, soll dort eine gewisse Lena Brückner das kulinarische Kultobjekt von heute kreiert haben; literarisch nachzulesen in einem schönen Buch von Uwe Timm. Ob’s stimmt? Ehrlich gesagt: Wurscht!

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