Sprengel-Kunstschätze bekommen Luft zum Atmen

Hannover (dpa) - Jahrelang mussten hochkarätige Kunstschätze im Depot schlummern - jetzt kann das Sprengel Museum Hannover endlich zeigen, was es hat.

Sprengel-Kunstschätze bekommen Luft zum Atmen
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Dank eines wegen Kostensteigerungen zunächst umstrittenen Anbaus wurde die Ausstellungsfläche des Hauses um rund ein Drittel vergrößert. Der rechteckige Baukörper mit dunkler Betonfassade - von manchen als „Bunker“ geschmäht - beherbergt mehr als 140 Meisterwerke der Klassischen Moderne von Pablo Picasso über Paul Klee bis zu Franz Marc. Der Besucher schreitet durch zehn helle Räume mit farbigen Wänden: Bei der Neuen Sachlichkeit ist es ein kühles Hellblau, bei den Expressionisten ein knalliges Gelb und kräftiges Rot.

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Museumschef Reinhard Spieler hat die farbigen Wände durchgesetzt. So seien die Bilder auch vor dem Zweiten Weltkrieg präsentiert worden, sagt der 51-Jährige. „Weiß drückt die Bilder wie Briefmarken zusammen. Wenn sie Farbe im Hintergrund haben, breiten sie sich über den Rahmen aus.“ Angela Kriesel, die Tochter des Stifter-Ehepaares Sprengel, ist überwältigt von der Präsentation im knapp 36 Millionen Euro teuren Anbau. „Die Schätze der Sammlung können ganz anders atmen. Die Räume haben wunderbares Licht und lassen jedem Werk seine ganz eigene Aura“, schwärmt sie.

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Die Klassische Moderne im von den Schweizer Architekten Meili und Peter entworfenen Neubau ist das Herzstück des Museums. Darüber hinaus gibt es aber weit mehr zu entdecken. „130 % Sprengel. Sammlung Pur“ lautet der Titel der von Sonntag bis zum 29. Januar 2017 laufenden Ausstellung auf gut 8000 Quadratmetern.

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Große Teile werden auch darüber hinaus zu sehen sein. Das Museum am Maschsee hat jetzt Platz, seine einzigartigen Bestände und Dauerleihgaben in voller Pracht zu zeigen. Es besitzt die größte Sammlung mit Werken von Niki de Saint Phalle in Europa und beherbergt das Kurt-Schwitters-Archiv, das den Nachlass des Pioniers der Avantgarde erforscht.

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Beeindruckend ist, wie in dem großen Haus zeitgenössische Kunst mit den Strömungen der vergangenen 100 Jahre in einen Dialog tritt. Julian Rosefeldts Filminstallation „Manifesto“ ist ein Erlebnis für alle Sinne und schlägt den Bogen zu Künstlermanifesten von der Avantgarde bis heute. Die wandlungsfähige Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett haucht den leidenschaftlichen Erklärungen in 13 Rollen Leben ein, etwa als Grabrednerin, Puppenspielerin und Obdachloser.

In einem der parallel laufenden Filme tritt Museumsdirektor Spieler als Statist selbst auf. Er kennt Rosefeldt und hat den Ankauf von „Manifesto“ für die Neueröffnung in die Wege geleitet. Die Arbeit war bisher nur in Australien und im Hamburger Bahnhof in Berlin zu sehen.

Ein anderer Coup ist der Erwerb von Wolfgang Tillmans' „Book of Architects“ durch die Niedersächsische Sparkassenstiftung. Die Video-Installation des Fotokünstlers feierte 2014 auf der Architektur-Biennale von Venedig Premiere und wurde vom Metropolitan Museum in New York gekauft. Jetzt ist sie erstmals in Deutschland zu sehen. Die Arbeit sei eine fantastische Ergänzung und reihe sich in die Bestände an künstlerischer Dokumentarfotografie zum Thema „gebaute Welt“ ein, sagt Stiftungsdirektorin Sabine Schormann.

Anlässlich der Neueröffnung gibt das Haus auch erstmals einen Einblick in den Nachlass des Fotokünstlers Umbo (1902-1980), der vor kurzem gemeinsam mit der Stiftung Bauhaus Dessau und der Berlinischen Galerie erworben wurde. Museumschef Spieler will die Abteilung „Sprengel Foto“ weiter stärken. Eine neu geschaffene moderne Depot-Anlage für Fotografie soll noch mehr Sammler anlocken.

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