Facebook wird zum Lebensarchiv

Das soziale Netzwerk bildet alle Einträge seiner Nutzer in einer Zeitleiste ab und wird so zum virtuellen Tagebuch.

San Francisco. Ob beim Kochen oder Joggen, Musik hören oder Filme gucken: Facebook will sich noch tiefer im Leben seiner 800 Millionen Mitglieder verankern. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat bei einer Entwicklerkonferenz etliche neue Funktionen angekündigt, mit denen Nutzer mehr aus ihrem Alltag preisgeben können.

Die wichtigste Neuerung: Mitglieder können in einer Zeitleiste (Timeline) alle wichtigen Dinge aus ihrem Leben in einem Magazin-artigen Layout zeigen. Das können Fotos sein oder Orte, die sie besucht haben. Aber auch Kochbücher und Jogging-Tagebücher, die externe Firmen auf Facebook anbieten, lassen sich integrieren. „So erzählt man die ganze Geschichte seines Lebens auf einer einzigen Seite“, sagte Zuckerberg.

Eingeführt werden soll die Zeitleiste in den nächsten Wochen. Mit einem Trick können Neugierige das neue Profil aber schon jetzt aktivieren (wie es funktioniert, steht hier: http://bit.ly/psMBYg).

Ebenfalls neu: Nutzer können ihren Facebook-Freunden künftig ohne weiteres Zutun zeigen, welche Musik sie gerade hören, welche Filme sie schauen oder welche Artikel sie lesen. Dafür richtet das Unternehmen ein neues Tickerfenster ein, in dem Meldungen in Echtzeit einlaufen. Der Druck auf den „Empfehlen“-Knopf wird so zum Teil überflüssig.

Dutzende Musikdienste, Online-Videotheken und Websites von Medienunternehmen kooperieren mit Facebook, darunter bekannte Namen wie Spotify, Netflix und Zeitungen wie die „Washington Post“, das „Wall Street Journal“ oder der britische „Guardian“.

Mit den wohl größten Änderungen in seiner Geschichte beschwor das Unternehmen aus San Francisco allerdings sogleich Datenschutzbedenken herauf.

Facebook versprach, dass Nutzer die Kontrolle darüber behalten, was ihr Netzwerk über sie erfährt. In ersten Reaktionen von Twitter-Nutzern war dennoch vom „Ende der Privatsphäre“ die Rede.

Ob diese Kritik berechtigt sei, hänge stark von der Umsetzung der neuen Funktionen ab, sagte der Analyst Michael Gartenberg. „Es ist noch zu früh, um das zu bewerten.“ Der amerikanische Journalismus-Dozent und Blogger Jeff Jarvis schrieb, Facebook binde die Nutzer noch stärker an die Plattform: Wer sich abmelde „verliert sein Leben“.

Mit den Änderungen facht das Unternehmen die Konkurrenz zu Google+ weiter an — dessen Betreiber Google hatte seinen Gegenentwurf zu Facebook jüngst für alle Nutzer geöffnet und mehrere technische Neuerungen angekündigt.

Facebook hat schätzungsweise 800 Millionen Anwender weltweit. Das Marktforschungsunternehmen Com-score hat berechnet, dass sie zusammen rund 70 Milliarden Minuten im Monat auf Facebook verbringen. dpa/cax

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