Sonntag vor dem Ausverkauf

Kirchen und Gewerkschaften starten Initiative gegen eine „schleichende Aushöhlung“ des Feiertagsschutzes.

Düsseldorf. In Berlin dürfen die Händler an zehn Sonntagen im Jahr ihre Geschäfte öffnen, in Nordrhein-Westfalen sind es nur vier. Doch auch das ist Kirchen und Gewerkschaften zu viel: Mit einer neuen "Allianz für den freien Sonntag" wollen sie ein Zeichen gegen die "schleichende Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes" setzen. Die landesweite kirchliche und gewerkschaftliche Initiative wird in der kommenden Woche in Düsseldorf gegründet.

Dabei hatte das Karlsruher Verfassungsgericht noch im Dezember 2009 der sonntäglichen Ladenöffnung enge Grenzen gesetzt: Nach Ansicht der Richter reicht ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse und ein alltägliches "Shopping-Interesse" grundsätzlich nicht, um Ausnahmen vom Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zu seelischer Erhebung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen.

Doch vielen Städten und Unternehmen ist kein Anlass zu trivial, doch noch Gründe für Ausnahmen zu finden: in Winterberg ist es eine Schneeball-Weltmeisterschaft, in Nettetal ("Karten-Sonntag") ein Rabattsystem der Händler oder in Krefeld schlicht der Frühling. In Düsseldorf nutzte am vergangenen Sonntag ein Möbelhaus ein Jubiläum, lud "exklusiv" seine Kunden ein und freute sich über einen prächtigen Umsatz. Insgesamt gibt es in der Landeshauptstadt über das Jahr verteilt 16 verkaufsoffene Sonntage - in der Innenstadt und den verschiedenen Stadtteilen.

Für die Befürworter der Sonntagsruhe ist die Kommerzialisierung des siebten Tages der Woche inhuman: Sie fordern deshalb die Landesregierung auf, den Ladenschluss im Sinne der Arbeitnehmer wieder einzuführen, Sonderöffnungen im Handel zu stoppen und verkaufsoffene Sonntage zu unterbinden. Auch "die immer neuen Ausnahmegenehmigungen" für Sonntagsarbeit in anderen Branchen sollen zurückgefahren werden.

Für die Allianz-Gründer verkörpert der Sonntag "die Freiheit des Menschen von einer rein ökonomisch orientierten Lebensweise". An diesem Tag stehe einmal nicht im Vordergrund, was ein Mensch leiste. Vielmehr gehe es um das, "was jeder zu einem Leben für sich und in der Gemeinschaft mit anderen benötigt".

Die "Sonntags-Allianz", die unter anderem von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und Familienverbänden getragen wird, soll am 3. März im Rahmen einer Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag gegründet werden. Dieser Tag soll in Zukunft als "Internationaler Tag des freien Sonntags" verankert werden. Mit historischem Bezug auf den ersten staatlichen Sonntagsschutz unter Kaiser Konstantin im Jahr 321 nach Christus werden in vielen europäischen Ländern öffentliche Aktionen, Diskussionsveranstaltungen oder Gottesdienste für den freien Sonntag stattfinden.

Unterstützt wird die Initiative von NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) und von DGB-Landeschef Guntram Schneider (SPD). Nach der Kundgebung in Düsseldorf gibt es einen Gottesdienst mit dem Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, und dem rheinischen Präses Nikolaus Schneider.

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