USA steigen aus Europas Marsprojekt aus

Washington/Paris/Köln (dpa) - Die europäischen Reisepläne zum Mars drohen zu scheitern. Die US-Weltraumbehörde Nasa muss sparen und hat deswegen den Ausstieg aus einem seit Jahren laufenden Gemeinschaftsprojekt angekündigt.

Den Europäern fehlen damit nicht nur hunderte Millionen Euro, sondern auch Schlüsseltechnologien. Bislang hat auf dem Kontinent niemand die technischen Mittel dafür, auf dem Mars zu landen.

„Aufgrund der veränderten Situation wird man prüfen, ob die Mission wie geplant oder in veränderter Form weitergeführt werden kann“, kommentierte der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, am Dienstag die Entscheidung. Ein Sprecher der Europäischen Weltraumbehörde Esa sagte: „Wir werden jetzt versuchen, mit den Russen weiterzumachen“.

Das zweistufige Marsprojekt „ExoMars“ sah vor, 2016 einen neuen Orbiter zum Mars zu schicken. Er sollte in der Atmosphäre des Planeten nach Methan suchen, das auf die Existenz von Mikroben auf der Oberfläche hindeuten würde. Die zweite Phase zielte auf die Landung eines Rovers ab: Er sollte 2018 Messungen unterhalb der Marsoberfläche durchführen sowie Gesteine und Boden sammeln. An der Entwicklung des Fahrzeugs ist auch das Institut für Raumfahrtsysteme des DLR beteiligt.

Anlass des Ausstiegs der USA sind nach Angaben von Nasa-Chef Charles Bolden erhebliche Kürzungen im Etatplan 2013 der US-Behörde für die Planeten-Erforschung. Stattdessen sollen Programme zur bemannten Raumfahrt und die Entwicklung neuer Technologien verstärkt gefördert werden.

Astronomen hatten bereits seit längerem befürchtet, dass die Nasa die Axt bei kostspieligen Marsprogrammen ansetzen wird. So sprach der ehemalige Nasa-Wissenschaftler Scott Hubbard bereits im Vorfeld von einer „wissenschaftlichen Tragödie und einer nationalen Beschämung“. Der Chef der Wissenschaftsvereinigung Planetary Society, Bill Nye, klagte, die Kürzungen würden „die planetare Erforschung bei der Nasa vernichten“. Vergangene Missionen mit Sonden und Robotern hätten zu „unglaublichen Entdeckungen“ geführt, und die USA benötigten mehr davon, nicht weniger.

Wie es mit dem europäischen Vorzeigeprojekt weitergeht, ist nach der Hiobsbotschaft aus den USA unklar. Die bereits im Oktober begonnenen Gespräche mit den Russen verlaufen nach Esa-Angaben zwar vielversprechend, auch sie haben aber beispielsweise kein System, um auf dem Mars zu landen. „Wir müssen wahrscheinlich noch einmal auf die Mitgliedstaaten zurückkommen und sie um mehr Geld bitten“, sagte der Sprecher von Esa-Chef Jean-Jacques Dordain der dpa.

Ob dies angesichts der Sparzwänge in einem Großteil der beteiligten Esa-Mitgliedstaaten Erfolg hat, gilt allerdings als zweifelhaft. Die steigenden Kosten für das „ExoMars“-Programm hatten bereits in der Vergangenheit bei einigen Regierungen für Unmut gesorgt. Mittlerweile werden sie auf Esa-Seite mit rund einer Milliarde Euro angegeben. Etwa den gleichen Betrag wollte eigentlich die Nasa beisteuern. Das erste große Krisentreffen soll es laut Esa-Sprecher Franco Bonacina im März geben.

Insgesamt sieht der von US-Präsident Barack Obama vorgelegte Haushaltsentwurf für das am 1. Oktober beginnende Fiskaljahr 2013 17,7 Milliarden Dollar für die Nasa vor. Damit liegt der Plan zwar nur um 59 Millionen Dollar unter dem laufenden Etat 2012, aber die Gewichtung der Ausgaben verschiebt sich in Richtung Raumfahrttechnologien und bemannter Missionen.

So sieht der Obama-Entwurf, der allerdings noch vom Kongress gebilligt werden muss, Kürzungen bei der Erforschung des Sonnensystems von derzeit rund 1,5 Milliarden Dollar auf 1,2 Milliarden vor - das sind 20 Prozent. Dagegen sollen ungefähr 22 Prozent mehr für Technologien und 6 Prozent mehr für die bemannte und kommerzielle Raumfahrt ausgegeben werden, wie das Internetportal „Space.com“ erläuterte.

Bolden sagte: „Es gibt keinen Zweifel daran, dass harte Entscheidungen gefällt werden mussten“. Er sprach von einem insgesamt „stabilen Budget, das es uns erlaubt, eine Reihe verschiedener Dinge zu verfolgen“. Der Etatplan werde die Behörde „stark auf einem Weg vorwärtsbringen, der Amerikas Überlegenheit bei der Weltraumforschung bewahrt“.

Vorantreiben wird die Nasa laut dem Etatplan die Entwicklung der bisher mächtigsten Rakete der Nasa-Geschichte samt einer Kapsel, die eines Tages Astronauten zu fernen Zielen wie Asteroiden und schließlich sogar zum Mars bringen soll. Außerdem werden weitere hunderte Millionen Dollar zur Förderung des Baus kommerzieller Raumfahrzeuge für Reisen in den näheren Weltraum und insbesondere zur Internationalen Raumstation ISS bereitgestellt.

Dass planetare Forschungsprojekte bluten werden, liegt nach Meinung vieler Wissenschaftler an einem anderen Projekt, das der Nasa wahrlich die Haare vom Kopf frisst: dem Bau des James-Webb-Weltraumteleskops, das das Hubble-Observatorium ablösen soll. Es sollte ursprünglich 1,6 Milliarden Dollar kosten. Mittlerweile liegen die Ausgaben nach immer neuen Pannen und Verzögerungen schon bei fast 8,8 Milliarden - und der Start wird frühestens 2018 erwartet. Im Etatplan 2013 werden weitere 628 Millionen Dollar für das Teleskop bereitgestellt - gut 100 Millionen mehr als im laufenden Haushalt.

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