Knalltrauma : Silvesterkrach kann auf die Ohren gehen
Pittsburgh/Berlin (dpa) - Silvesterknaller können feste auf die Ohren gehen. Tausende Menschen erleiden allein in Deutschland jährlich ein Knalltrauma, weil ein Böller oder eine Rakete in ihrer unmittelbaren Nähe explodiert.
Ein winziger Moment von zwei Millisekunden genügt, damit ein Schalldruck von 140 Dezibel oder mehr Schäden im Innenohr hervorruft. Dort werden unter anderem die empfindlichen Haarzellen geschädigt - häufig zum Glück nur vorübergehend, manchmal aber auf Dauer. Ohrenstöpsel können das Risiko mindern, sagen Experten.
Halten Taubheitsgefühl, Summen, Schwindel oder Ohrenschmerzen an, dann ist der schnelle Gang zum Arzt wichtig, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde. Das Problem, das gegebenenfalls mit Kortison-Infusionen behandelt wird, entsteht jedoch nicht nur durch Böller: Selbst ein laut schmatzender Kuss direkt aufs Ohr kann ein Knalltrauma auslösen.
Fachleute interessieren sich aber längst nicht nur für diese und andere Verletzungen des menschlichen Hörorgans, sondern sind auch den Grundlagen verschiedener Ohren-Geheimnisse auf der Spur. So untersuchten Forscher der Universität von Pittsburgh etwa jüngst das Rätsel der baumelnden oder angewachsenen Ohrläppchen. Bisher galt das Phänomen oft als simples Beispiel für die Weitergabe dominanter und rezessiver Erbanlagen von Vater oder Mutter. Aber ganz so einfach ist es nicht, stellte das Team um John Shaffer von der Abteilung für Humangenetik fest: Mindestens 49 verschiedene Gene sind im Spiel, damit ein Ohrläppchen anwächst, schreiben die Forscher im „American Journal of Human Genetics“.
Dazu hatten die Forscher, die mit Kollegen in Großbritannien und China zusammenarbeiteten, zunächst die genetischen Daten von 10 000 Freiwilligen ausgewertet - und waren dabei auf sechs involvierte Gene gestoßen. Anschließend scannten sie ergänzend Material von 65 000 - damit einverstandenen - Kunden eines US-Unternehmens, das Privatleuten Genanalysen anbietet. Dabei zeigte sich, dass weitere 43 Gene im Spiel sind.
„Wir haben diese 49 Gene, von denen wir wissen, dass sie auf das Anwachsen von Ohrläppchen einwirken, aber wir wissen nicht, wie sie zusammenarbeiten“, beschreibt Koautorin Eleanor Feingold. „Das herauszufinden ist der nächste Schritt.“ Shaffer hofft: „Wenn wir die Komplexität verstehen, können wir auch in Richtung von Therapien für genetische Störungen arbeiten.“ Einige davon haben spezielle Veränderungen in den Gesichtszügen oder an den Ohrläppchen zur Folge.