Gehirnveränderungen bereits vor Drogenabhängigkeit
Washington/Cambridge (dpa) - Drogenabhängige und ihre gesunden Geschwister haben Veränderungen im Gehirn und Schwierigkeiten bei der Kontrolle von Impulsen. Forscher der britischen Universität Cambridge sehen darin Hinweise, dass solche Anomalitäten anfällig für eine Drogensucht machen.
„Wir gehen davon aus, dass es Gehirnveränderungen gibt, die den Drogen ein leichtes Spiel ermöglichen“, sagte die deutsche Psychologin Karen Ersche, die seit zehn Jahren in Cambridge arbeitet, der Nachrichtenagentur dpa. „Die brennende Frage ist: Was hat die Geschwister beschützt, die nicht krank wurden?“ Ihr Team berichtet über die Untersuchung im US-Fachjournal „Science“.
Für die Studie untersuchten die Forscher 50 Geschwisterpaare - je ein Proband eines Paares war gesund, der andere drogenabhängig. Die Experten verglichen diese Teilnehmer mit 50 gesunden Menschen, die ähnlich alt und intelligent waren. „Die Geschwisterpaare hatten es in der Kindheit schon schwieriger als die Vergleichspersonen, sie hatten beispielsweise häufiger mit häuslicher Gewalt zu kämpfen.“
Ersche und Kollegen interessierten sich vor allem für die Abhängigkeit von Stimulanzien wie Kokain oder Amphetamine. „Diese machen vergleichsweise schnell abhängig. Das Risiko ist achtfach höher, wenn es bereits Drogen- oder Alkoholabhängigkeit in der Familie gibt.“ Das sei ein Hinweis auf eine erbliche Komponente, ohne dass man bislang ein Gen für Suchtgefährdung gefunden habe.
Die Forscher machten Aufnahmen mit einem Hirnscanner und führten psychologische Tests durch. „Die Geschwisterpaare, von denen einer erkrankt war, hatten Schwierigkeiten bei der Kontrolle von Impulsen.“ Die Teilnehmer mussten am Computer Aufgaben lösen und sollten nach einer Ansage stoppen. Bei den Geschwisterpaaren dauerte es laut Ersche viel länger als bei den gesunden Vergleichsprobanden, bis der Befehl „vom Gehirn in der Hand ankam“ und sie nicht weiterklickten.