Mit dem Wind nach Westen

Mit ihrem Heißluftballon sind zwei Extremsportler aus NRW vom Ruhrgebiet bis in die Pyrenäen gefahren.

Mit dem Wind nach Westen
Foto: dpa

Stromberg/Moers. Als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, seien Tränen gerollt, räumt der Heißluftballonpilot Frank Wilbert (33) ein. Kein Wunder: Bei der Landung ihres Ballons im französischen Toulouse trennen Wilbert und Benjamin Eimers (29) 1025 Kilometer von ihrem Startpunkt in Gladbeck. Deutscher Streckenrekord. Laut Statistik des Freiballonsport-Verbandes lag die weiteste von einem deutschen Piloten zurückgelegte Strecke bislang bei 877 Kilometern.

Fast zehn Stunden hochkonzentierter Navigations- und Fahrleistung liegen hinter Wilbert und Eimers. Erschöpft sind sie, vor allem aber stolz: In der Ballonfahrtgeschichte sei es zuletzt vor 34 Jahren zwei französischen Pionieren gelungen, die „magische Grenze von 1000 Kilometern“ nur mit heißer Luft im Ballon zu knacken, erzählt Eimers, der Kopilot aus Moers. Sonst bringen es nur Gasballons auf solche Strecken, weil sie länger in der Luft bleiben können.

Seit drei Jahren lauerten die beiden Extremfahrer auf die perfekten Bedingungen, die es braucht, um Rekorde der Luftfahrt zu brechen. Auf gepackten Koffern und mit High-Tech-Equipment studierten sie Wetterkarten, loteten Wintertag für Wintertag ihre Möglichkeiten aus. Bei Trainingsflügen sei die 1000-Kilometer-Marke unerreicht geblieben, sagt Wilbert, der aus Stromberg im Hunsrück kommt.

Am frühen Morgen brechen die beiden Männer auf — auch in dem Wissen, dass ihr Trip gefährlich und strapaziös sein wird. In 6000 Metern Höhe ist die Luft so dünn, dass sie sich über eine Kanüle mit zusätzlichem Sauerstoff versorgen müssen. Es herrschen Temperaturen von Minus 30 Grad und reger Flugverkehr. „Wenn wir da mit mehr als 100 Stundenkilometern unterwegs sind, muss ein Airbus wissen, wo wir sind und uns ausweichen. So etwas geht nur in enger Abstimmung mit der Flugsicherung“, berichtet Wilbert.

„Die 1000 Kilometer zu schaffen war immer mein Traum“, sagt Wilbert Tage später. Genauso steht es um seinen Kopiloten. In der kleinen Gemeinschaft der Extremfahrer haben sie sich schon vor Jahren getroffen. Zusammen teilen sie jetzt nicht nur den Rekord, sondern auch besondere Augenblicke im offenen Korb hoch über der Erde. „Fantastische Sicht. Wahnsinn, einfach unbeschreiblich“, sagt Eimers. „Der Mont Blanc in der Ferne auf selber Höhe wie wir. Von der Sonne angestrahlt, leichte Wolkenfetzen am Fuß“, schwärmt Wilbert. Oder Paris im Miniaturformat. Die Pyrenäen. Die Ruhe.

Ruhe oben, Hektik unten: Das Abholteam, das ihnen auf den Fersen war, brauchte fünf Stunden länger als die Luftreisenden.

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