Gastronomie, Hotels und Co. Diese Lockerungen soll es in NRW für Regionen unter der 100er-Marke ab Samstag geben

Düsseldorf · Schon ab Samstag darf in NRW in bestimmten Regionen wieder Gastronomie draußen öffnen - und auch für Hotels, Campingplätze und Veranstalter gibt es Perspektiven. Ein Überblick.

 Draußen im Café sitzen soll in einigen Regionen in NRW schon bald wieder möglich sein.

Draußen im Café sitzen soll in einigen Regionen in NRW schon bald wieder möglich sein.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Mehr als sechs Monate ist es her, seit dies zum letzten Mal möglich war: Einen Milchkaffee und ein großes Frühstück für Zwei bestellen. Zur Feier des Tages kommt die Mahlzeit mit zwei Gläsern Prosecco. „Auf ein neues Leben“, sagt Gerlinde Kirschner und stößt mit ihrer Schwester Margit Husemann an. „Das wurde jetzt aber auch Zeit“, sagt diese und lacht.

Die beiden gehören an diesem noch kühlen aber durchaus ein wenig Sonne versprechenden Mittwoch zu den allerersten, die an den Tischen vor der soeben geöffneten Soester Brasserie „Lämang“ Platz nehmen - getestet und gut gelaunt. In Soests Altstadtkern und im nicht weit entfernt gelegenen Lippstadt wird seit diesem Morgen im Wege eines Modellversuchs erkundet, wie das klappen kann, mit der Gastronomie-Öffnung in der Pandemie.

Wenig später wird NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) in Düsseldorf verkünden, dass dies nur der Anfang ist: Ab kommenden Samstag (15. Mai) sollen überall dort wieder eingeschränkte Öffnungen möglich sein, wo die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf Werktagen unter 100 liegt. Aktuell trifft das auf 15 von 53 Kreise und kreisfreie Städten zu. Am besten steht derzeit Münster mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 51,7 da. Der Kreis Soest, zu dem beide Modellkommunen gehören, liegt mit 62,3 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche ebenfalls deutlich unter dem Landesniveau.

Corona und NRW: Hotels und Campingplätze dürfen unter 100er-Marke Gäste empfangen

Hotels können in Nordrhein-Westfalen für private Gäste unter Auflagen und bei einer stabilen Wocheninzidenz unter 100 wieder öffnen. Das teilte die Landesregierung am Mittwoch mit. Sie dürfen bis zu 60 Prozent ihrer Kapazitäten ausschöpfen. Laut Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) muss man als Gast getestet, geimpft oder genesen sein. Auch Ferienwohnungen und Campingplätze dürfen wieder öffnen.

Der ADAC in NRW warnte bereits davor, dass Campingplätze in dieser Saison deutlich voller werden als in den Jahren vor der Pandemie. „Mit den Lockerungen wird die Nachfrage auch hier in den Regionen enorm ansteigen. Wer also in den kommenden Monaten eine Reise mit dem Wohnmobil oder Wohnwagen plant, sollte seinen Wunschplatz unbedingt schon jetzt buchen. Sonst droht eine böse Überraschung“, riet der ADAC.

Gastronomie in NRW soll draußen öffnen können

In NRW sollen eingeschränkte Öffnungen der Außengastronomie wieder erlaubt werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf Werktagen unter 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner liegt. Voraussetzungen seien eine verminderte Gästezahl und ein negativer Corona-Test der Besucher, kündigte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Mittwoch in Düsseldorf an. Innenbereiche dürften entsprechend ab einer Inzidenz unter 50 wieder geöffnet werden. Die Regelung greife ebenfalls ab dem 15. Mai.

Freiluft-Veranstaltungen mit bis zu 500 Gästen

Das Land NRW erlaubt in Regionen mit einer Wocheninzidenz unter 100 auch kulturelle Freiluft-Veranstaltungen mit bis zu 500 Gästen. Auch das sagte Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Mittwoch in Düsseldorf. Details wurden zunächst nicht bekannt.

Messen sollen unter 50er-Marke öffnen können

In NRW sollen auch wieder Messen ihre Tore öffnen können. Sie dürfen wieder mit beschränkter Besucherzahl stattfinden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz unter 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohnern liege, kündigte Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Mittwoch in Düsseldorf an. Veranstalter und Aussteller bekämen damit für die Zeit nach der Sommerpause eine Planungsgrundlage. NRW sei das erste Bundesland, das Messen wieder eine Perspektive eröffne. Auch für Kongresse und Tagungen sollen die gleichen Regeln gelten.

Über der 100er-Marke gilt in NRW weiter die Bundesnotbremse, darunter soll es zwei Öffnungsstufen geben. Das teilte das NRW-Gesundheitsministerium mit. Hier finden Sie eine Tabelle mit allen Details. >>> Falls Sie über Google-Amp auf den Artikel zugreifen, bitte hier klicken. <<<

Corona in NRW: Auch beim Sport gibt es Lockerungen

Ab einer stabilen Inzidenz unter 100 gibt es auch für den Sport Lockerungen der Corona-Regeln. Erlaubt ist dann etwa für Kinder einschließlich einem Alter von 14 Jahren Kontaktsport auf Sportanlagen unter freiem Himmel für Gruppen einer Größe bis 20. Ältere Menschen könnten dann kontaktfreien Sport mit ebenfalls bis zu 20 Teilnehmern ausüben. Das teilte die Landesregierung am Mittwoch mit. Die Regelungen der neuen Coronaschutz-Verordnung greifen ab dem 15. Mai.

Beim Kontaktsport müssen sich ältere Menschen demnach bei einer Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 100 und 50 Fällen pro 100 Einwohner an die allgemeinen Kontaktbeschränkungen halten - das heißt: Bis zu fünf Menschen aus zwei Haushalten sind erlaubt. Kinder bis 14 Jahren zählen dabei nicht.

Ab einer Inzidenz unter 50 ist den Angaben zufolge „Sport im Freien ohne Personenbegrenzung erlaubt“. Hallensport und der Besuch von Fitnessstudios soll dann mit Test und Kontaktnachverfolgung gehen. Für Kontaktsport in Hallen gibt es zudem die Beschränkung, dass es nur bis zu zehn Menschen aus drei Haushalten sein dürfen.

Auch für Zuschauer von Sportveranstaltungen gibt es neue Regeln: Zwischen den Inzidenz-Werten 100 und 50 dürfen dann wieder Menschen mit negativem Test zu Veranstaltungen unter freiem Himmel kommen, aber nur bis zu 20 Prozent der Kapazität und höchstens 500. Sinkt die Inzidenz unter 50, bleiben diese Grenzen bestehen, allerdings muss dann kein negativer Test vorliegen, wie aus dem Plan hervorgeht. Dann dürfen Zuschauer außerdem zu Innenveranstaltungen kommen - allerdings mit Test, bis zu 20 Prozent der Kapazität und maximal 250 Menschen insgesamt.

Für Schulen und Kitas in NRW wird noch nach einer Lösung gesucht

NRW strebt eine landeseinheitliche Lösung für eine schrittweise Rückkehr zur Normalität in Kitas, Schulen und Hochschulen an. Sie soll greifen, wenn die Wocheninzidenz landesweit unter 100 Corona-Neuinfektionen gerechnet auf 100 000 Einwohner liegt. Das kündigte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Mittwoch in Düsseldorf an. Anfang kommender Woche werde es darüber Gespräche zwischen den Ministerien für Gesundheit, Kinder, Schule und Hochschulen geben.

Bei Inzidenzen über 100 greife die Bundesnotbremse und das Land habe keinen Gestaltungsspielraum für liberalere Regelungen, erklärte Laumann. „Da haben wir als Land nur die Möglichkeit, etwas strenger zu machen.“

Bei einer Wocheninzidenz ab 165 ist Unterricht im Klassenzimmer laut Infektionsschutzgesetz untersagt. Und zwar dann, wenn dieser Wert an drei aufeinanderfolgenden Tagen vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet wurde. Die Notbremse tritt dann am übernächsten Tag in Kraft. Die 165 bezieht sich auf einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt. Die Rückkehr vom Distanz- in den Wechselunterricht ist erst möglich, nachdem die Inzidenz an fünf Werktagen in Folge wieder unter 165 liegt.

So läuft es mit der Gastronomie-Öffnung in Soest und Lippstadt

Die Auflagen im Modellversuch in Soest und Lippstadt sind für die Gastronomie dieselben, die auch in den potenziell nachziehenden Regionen mit einer Inzidenz unter 100 gelten werden: Geöffnet werden zunächst ausschließlich Außenbereiche. In Soest und Lippstadt nehmen zumindest bis Samstag nur Gastronomen aus klar abgegrenzten Zonen der Innenstädte teil. Etwa 1800 Sitzplätze an der frischen Luft gibt es bis dahin in den zwei Dutzend Soester Betrieben, die mitmachen, rund 500 sind es bei acht Lippstädter Restaurants und Café. Alle Gäste müssen einen negativen Corona-Schnelltest vorlegen, der nicht älter als 24 Stunden ist oder müssen vollständig geimpft sein. Es herrscht Reservierungspflicht, Abstandsgebot, Maskenpflicht abseits der Tische.

„Das ist alles schon etwas kribbelig“, sagt Yvonne Pälmer, Inhaberin des Traditionslokals „Im Wilden Mann“. Das Telefon für Buchungen stehe nicht still: „Da sieht man, welchen Nachholbedarf es gibt, nach all den Monaten.“ Gleichzeitig müsse jeder Gast sich ausweisen, einchecken, auschecken, Test vorzeigen: „Das hat mit Gastwirt-Sein wenig zu tun. Aber trotzdem freuen wir uns riesig, dass wir hier loslegen können“, sagt Pälmer.

„Es fühlt sich an, wie eine Neueröffnung“, sagt Margarita Burgos Luque, die als Inhaberin an diesem Vormittag zwischen der Brasserie und einem zweiten Café mit großer Sonnenterrasse hin und her eilt. „Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, so aufgeregt bin ich“ gesteht sie. Fast sieben Monate ohne Einnahmen, da „geht es doch für viele um die nackte Existenz. Aber jetzt sind wir wieder da. Wir dürfen wieder arbeiten“, sagt sie und ihre Stimme bricht kurz, so berührt ist sie. Viele Stammgäste hätten sich angekündigt. Es werde aber nicht einfach werden: Bei ohnehin halbiertem Platzangebot werden die meisten Tische von zwei Gästen besetzt. Wirtschaftlich sei das nicht.

Die Gäste, die vor allem um die Mittagszeit auf die Terrassen der Lokale strömen, wirken umso dankbarer: „Mit diesem Kaffee kommt einfach auch ein Stück Normalität wieder“, sagt der Gast eines Eiscafés. „Endlich können wir uns wieder hier treffen. Irgendwann kann man die eigenen vier Wände ja auch nicht mehr sehen“, sagt die junge Mutter Angelique Paul-Brackelmann, die mit einer Freundin in die Stadt gekommen ist.

Auch die Einzelhändler in dem westfälischen Städtchen hoffen auf größeren Zulauf: „Es ist deutlich mehr los als zuletzt“, sagt der Schuhhändler Marc Schreiber. Hochbetrieb herrscht auch an der Schnelltest-Station der Engel-Apotheke: Viele entschieden sich auch spontan noch, um zusätzlich zum Einkauf doch noch ein Café besuchen zu können, erzählt der Apotheker Horst Heidel. Andere winken ab: „Ich bin zwar leidenschaftlicher Kneipengänger, aber dafür lass ich mir kein Stäbchen in die Nase schieben“, sagt ein älterer Herr.

Nach Angaben der Lippstädter Stadtsprecherin Julia Scharte sind auch die teilnehmenden Lippstädter Gastronomen am ersten Tag des Modellversuchs „hoch zufrieden“. Für das Wochenende seien die ersten Lokale zumindest zu den Stoßzeiten ausgebucht. Unter den sich ankündigenden Gästen seien auch viele Auswärtige. „Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen“, sagt Scharte.

(dpa/red)
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