Zentralbank riskiert ihre Glaubwürdigkeit

Mit einer beispiellosen Ausnahmereglung hilft die EZB Griechenland.

Frankfurt. Lange blieb die Europäische Zentralbank (EZB) standhaft. Doch angesichts immer neuer Zuspitzungen in der Griechenlandkrise sind Europas oberste Währungshüter nun doch eingeknickt: Nachdem sich die EZB monatelang dagegen gewehrt hatte, das hoch verschuldete Land als Sonderfall zu behandeln, ist die Notenbank letztlich von der Realität eingeholt worden.

Am Montag setzten die europäischen Währungshüter die Bonitätsanforderungen für griechische Staatsanleihen, die in ihrem Refinanzierungsgeschäft mit den europäischen Banken gelten, bis auf weiteres vollständig aus. Staatspapiere des südeuropäischen Landes können damit unabhängig von der Kreditwürdigkeit Athens bei der EZB in Zahlung gegeben werden. Experten sehen jetzt die Glaubwürdigkeit der Währungshüter in Gefahr.

Der Schritt sei unschön für die EZB, aber unvermeidlich, sagt UniCredit-Volkswirt Alexander Koch: "Griechische Geschäftsbanken refinanzieren sich wohl hauptsächlich über dieses System. Wäre es gekappt worden, wäre der kommerzielle Bankensektor Griechenlands am Ende gewesen." Die überraschende Maßnahme dürfte von Finanzmärkten und Geschäftsbanken durchaus mit Erleichterung aufgenommen worden sein. Denn bis zuletzt hing ein Damoklesschwert über den Athener Schuldtiteln.

Dabei hatte die Notenbank bereits eine frühere Ausnahmeregelung verlängert, wonach sie im Refinanzierungsgeschäft auch zweitklassige Papiere annimmt. Die wegen der Vertrauenskrise unter den Kreditinstituten getroffene Maßnahme sollte ursprünglich zum Jahresende auslaufen.

Zwar hatte Notenbank-Präsident Jean-Claude Trichet betont, die Verlängerung gelte für alle Refinanzierungsgeschäfte und sei nicht auf ein einzelnes Land zugeschnitten. Doch der Adressat der Maßnahme war klar: Griechenland. Bereits damals zeigten sich EZB-Beobachter irritiert über den "Umfaller" der EZB.

Nun hätten selbst die herabgesetzten Bonitätsanforderungen Athen im Falle weiterer Herabstufungen nicht mehr geholfen: Wären Fitch und Moody’s der Ratingagentur S&P gefolgt, die die Bonität griechischer Anleihen auf "Ramsch-Status" herabgesetzt hatte, hätte die EZB griechische Anleihen nicht mehr als Sicherheiten akzeptieren dürfen. Offenbar wollte die Notenbank diesem Szenario vorbeugen.

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