Wie der Mittelstand Motor für E-Antrieb werden soll

Der Landesverband Erneuerbare Energien und die IHK haben in Wuppertal Firmen erstmals gemeinsam informiert — und wollen jetzt mit der Idee durch ganz NRW touren.

Wie der Mittelstand Motor für E-Antrieb werden soll
Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Thomas Meyer muss nicht mehr überzeugt werden. Schrittweise will er seinen Fuhrpark umstellen — von Benzinern hin zu Elektroautos. In vier bis fünf Jahren, glaubt er, ist die Umstellung abgeschlossen. Mit einem Elektro-Smart ist er heute schon vorgefahren an der Villa Media in Wuppertal und erzählt begeistert von seinem ungetrübten Fahrspaß in dem Kleinwagen. „Autos haben mit Emotionen zu tun — und ich liebe Autos.“

Meyer ist Präsident der Industrie- und Handelskammern (IHK) NRW. Und beim Fuhrpark handelt es sich erst einmal nur um den privaten seiner Familie. Aber an diesem Tag wirbt der Remscheider Unternehmer dafür, dass die E-Mobilität auch Einzug hält in Firmen und das Gewerbe. Dafür hat sich ein Bündnis gebildet, das es so bisher noch nicht gegeben hat: neben der IHK der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE), die Energie-Agentur NRW, das Wirtschaftsministerium und die Handwerkskammer.

Sehr zur Freude von Gastgeber Jörg Heynkes. „Wir haben die gleichen Ziele“, sagt der Wuppertaler Innovations-Unternehmer. Denn das größte Dilemma in Sachen E-Mobilität sei das geballte Nichtwissen. Das soll an diesem Nachmittag beseitigt werden: mit 16 Workshops, Fachgesprächen an den Ausstellungsständen oder bei Probefahrten auf dem Außengelände. 170 Teilnehmer sind der Einladung gefolgt und treffen auf 14 Aussteller, darunter Autohäuser, Firmen für Ladeinfrastruktur, Ökostromlieferanten, ein Spezialist für E-Carsharing und Vermietung von Elektrofahrzeugen sowie eine Firma, die Wagen mit Verbrennungsmotor auf E-Mobilität umrüstet. Folgeveranstaltungen in den anderen Regionen quer durch NRW sind schon in der Planung.

„Das soll keine Trauerveranstaltung sein“, kündigt Reiner Priggen, Vorsitzender von LEE NRW, gleich zu Beginn an. Kein Blick zurück auf Dieselgate und Betrug. „Wir wollen helfen, Lösungen aufzuzeigen.“ Denn der Lieferverkehr muss weiter in die Städte hinein. Im Fokus: Betriebe mit festgelegten Liefertouren, oft mit kleinteiligem Stop and go unterwegs — ideal für Elektromotoren, deren noch beschränkte Reichweite dabei meist kein Problem ist. Wenn der Ökostrom für den Antrieb dann womöglich noch auf dem eigenen Firmendach produziert wird, rücken Ökonomie und Ökologie ganz nah zusammen.

Ermutigung soll von den Mittelständlern kommen, die Pionierarbeit geleistet haben. Wie Autohändler Joan Hendrik Rüschkamp, der schon vor 15 Jahren in seinem Betrieb Experten für Elektromobilität ausbilden ließ. Oder wie der Hildener Bäcker Roland Schüren, der auf der Suche nach Elektroautos als Transporter schließlich eine Selbsthilfegruppe gründete, um die Entwicklung eines Elektro-Transporters in die eigenen Hände zu nehmen. Zwar ist Schüren in Wuppertal nicht mit dabei, aber Uwe Koenzen demonstriert an einem Schüren-Bulli aus dem Jahr 1976, was schon alles möglich ist. Drei von Koenzens Firma umgerüstete Fahrzeuge testen im Rahmen des Förderprojekts „LokSMART“ im Prototypenbetrieb seit anderthalb Jahren ein Verfahren, zumindest im Sommer überschüssige Solarenergie von den Batteriespeichern im Auto an den Backbetrieb abzugeben. Im Sommer soll die Anlage offiziell in Betrieb gehen.

Wer die Fahrzeugfrage nicht so forsch selbst angeht, wird heute noch mit langen Lieferzeiten und wenigen Modellalternativen ausgebremst. Dazu kommt die Unsicherheit, wie sich die Elektroautos im Alltag bewähren. Eine Marktlücke, die Andreas Allebrod mit seiner „eShare.one“ GmbH schließen will. Bei ihm können Kunden alle auf dem Markt verfügbaren E-Autos einem Alltagstest auf Herz und Nieren unterziehen — durch die Möglichkeit, die Wagen für einen ganzen Monat zu mieten.

Noch ist Deutschland von den Spitzenmärkten der E-Mobilität in Norwegen, Frankreich und den Niederlanden weit entfernt. „Das Urteil von Leipzig wird dem Thema einen Schub geben“, ist Reiner Priggen zwar sicher. „Aber erst einmal müssen wir alle noch lernen.“

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