Weltweite Börsen-Panik Größtes Dax-Minus seit 11. September 2001

Frankfurt/New York · Bis vor etwa zwei Wochen hatten die Börsen Risiken der Coronavirus-Epidemie vollständig ignoriert - und Aktienkurse auf neue Rekordhöhen getrieben. Nach dem neuesten Einbruch heißt es nun: Wie gewonnen, so zerronnen.

Weltweite Börsen-Panik - Größtes Dax-Minus seit 11. September 2001
Foto: dpa/Arne Dedert

Panikartige Stimmung unter Anlegern hat die Börsen am Montag weltweit einbrechen lassen. Wegen wachsender Rezessionssorgen durch das Coronavirus und die zusätzliche Gefahr eines Ölpreiskrieges flohen Investoren aus dem Aktienmarkt und flüchteten in sichere Häfen.

Der Deutsche Aktienindex Dax erlebte einen der schwärzesten Tage seiner mehr als 30 Jahre alten Geschichte und büßte zwischenzeitlich fast 1000 Punkte ein. Der Dax schloss 7,94 Prozent tiefer bei 10 625,02 Punkten, womit die Gewinne aus dem vergangenen Jahr fast aufgezehrt wurden - der größte prozentuale Tagesverlust seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Der MDax der mittelgroßen Börsentitel ging am Ende um 6,70 Prozent auf Talfahrt und stand damit bei 23 091,71 Punkten.

Am frühen Nachmittag war der Dax zeitweise um rund 8,5 Prozent in die Tiefe gerauscht. Dies war der höchste Verlust während der Handelszeit seit dem Referendum zum EU-Austritt Großbritanniens im Juni 2016.

Auch europaweit crashten die Aktienmärkte: Der EuroStoxx 50, der Leitindex der Eurozone, sackte um 8,45 Prozent auf 2959,07 Punkte ab. Ähnlich deutlich ging es auch in Paris und London nach unten. Der italienische Leitindex FTSE MIB krachte um mehr als 11 Prozent in die Tiefe.

In den USA verlor der Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsschluss 6,6 Prozent. Der US-Leitindex war zwischenzeitlich kurz vom Handel ausgesetzt worden. Die Aktienmärkte in Asien schlossen ebenfalls tief in der Verlustzone. An der Leitbörse in Tokio stürzte der Nikkei-Index 225 um mehr als 1000 Punkte unter die psychologisch wichtige Marke von 20 000 Punkten. Am Ende ging er rund 5 Prozent tiefer aus dem Handel.

Am Ölmarkt waren am Morgen die Preise zeitweise um rund 30 Prozent eingebrochen und damit so stark wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Hintergrund sind die gescheiterten Verhandlungen führender Ölstaaten über eine Drosselung der Fördermenge zur Stabilisierung der Ölpreise.

Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners schrieb: „Die Anleger fliehen aus allem, was Risiko hat.“ Zuflucht suchten sie etwa in Staatsanleihen und bestimmten Währungen. So stiegen am deutschen Rentenmarkt die Kurse der Bundeswertpapiere deutlich, während die Renditen entsprechend heftig in den Keller rauschten: Die Umlaufrendite sackte auf ein Rekordtief von minus 0,82 Prozent.

Der Euro legte ebenfalls stark zu und notierte zuletzt bei 1,1467 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,1456 (Freitag: 1,1336) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8729 (0,8821) Euro.

Mit Panik reagierten die Aktienanleger einerseits auf die zunehmende Infektionswelle durch das neuartige Coronavirus und die Sterberate. In Europa stieg vor allem im besonders stark betroffenen Italien die Zahl der Todesfälle sprunghaft an. Große Teile Norditaliens sind inzwischen abgeriegelt.

Andererseits schockierte, dass nach den gescheiterten Verhandlungen von Ölförderstaaten am Freitag nun der Streit zwischen Saudi-Arabien und Russland über die künftige Fördermenge eskaliert. Angeblich erwägt Saudi-Arabien, seine Fördermenge in den kommenden Monaten zu erhöhen, was dann auch Russland zu ähnlichem bewegen könnte.

In der Dax-Familie gab es fast keine Gewinner. Besonders schwere Verluste hingegen erlitten erneut die Aktien der Deutschen Bank. Sie waren im Handelsverlauf bei 5,61 Euro auf ein Rekordtief abgesackt und büßten letztlich am Dax-Ende 13,6 Prozent auf 5,854 Euro ein. Den Papieren der Commerzbank erging es im MDax ähnlich. Sie erreichten zum Handelsschluss ein Rekordtief bei 3,637 Euro und verloren am Ende mehr als 15 Prozent. Die Aussicht auf noch tiefere Zinsen belastete die Bankenbranche. Zudem steigt das Risiko von Kreditausfällen, und das nicht nur wegen einer möglichen virusbedingten Rezession.

Steil abwärts ging es auch für die konjunktursensiblen Papiere der Autobranche. Der bereits durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie den Wandel in Richtung Elektromobilität schwer gebeutelte Sektor sackte europaweit um rund 10 Prozent ab. Im Dax ging es für die Anteile von Daimler um mehr als 13 Prozent abwärts.

Die Papiere der bereits schwer von der Virus-Epidemie betroffenen Lufthansa sackten um mehr als 8 Prozent ab. Die Fluggesellschaft hatte am Freitag bereits mitgeteilt, dass sie wegen des heftigen Nachfrageeinbruchs infolge der Corona-Epidemie in den nächsten Wochen die Kapazität um bis zu 50 Prozent reduziert.

Endgültige Zahlen und ein vorsichtiger Ausblick auf 2020 kamen zudem vom Waferhersteller Siltronic, dessen Papiere als Schlusslicht im MDax um fast 16 Prozent absackten. Die im Nebenwerteindex SDax zu findenden Aktien des Windkraftanlagen-Herstellers Nordex büßten nach schwachen Zahlen am Index-Ende rund 14 Prozent ein.

(dpa)
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