Gerichtsurteil Warum viele Landesregierungen Diesel-Fahrverbote nicht umsetzen

Berlin · Nach Hamburg, Frankfurt und Stuttgart nun auch Berlin: Die Hauptstadt muss im nächsten Jahr Fahrverbote für ältere Diesel verhängen. Doch viele Landesregierungen setzen die Verbote nicht um.

Umweltschützer demonstrieren vor Beginn der mündlichen Verhandlung über Diesel-Fahrverbote vor dem Verwaltungsgericht für Fahrverbote. Das Gericht verhängte Diesel-Fahrverbote nun auch in der Hauptstadt.

Umweltschützer demonstrieren vor Beginn der mündlichen Verhandlung über Diesel-Fahrverbote vor dem Verwaltungsgericht für Fahrverbote. Das Gericht verhängte Diesel-Fahrverbote nun auch in der Hauptstadt.

Foto: dpa/Jens Büttner

Berlin droht für Dieselfahrer zum Flickenteppich zu werden. Wie schon in Hamburg sollen einzelne Straßen der Luftqualität zuliebe für Pkw und Lkw gesperrt werden - zumindest wenn es nach dem Berliner Verwaltungsgericht geht. In anderen Städten werden solche Urteile von den Behörden häufig nicht beachtet. Dort streitet die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bis heute vor Gericht.

WO GIBT ES BEREITS FAHRVERBOTE?

Die erste Stadt, die Fahrverbote eingeführt hat, ist Hamburg. Dieselautos, die die Euronorm 6 nicht erfüllen, müssen seit Juni zwei Durchgangsstraßen meiden. Ausnahmen gibt es für Anwohner und Anlieger. Ein Verstoß kostet 20 Euro.

Die zweite Stadt, in der Fahrverbote angekündigt sind, ist Stuttgart. Hier müssen Diesel der Euronorm 4 und schlechter ab 2019 der Umweltzone fernbleiben. Auch hier gibt es zahlreiche Ausnahmen. Über eine Ausweitung auf Euro 5 will Baden-Württembergs Landesregierung Mitte 2019 entscheiden. Ein Verstoß soll 80 Euro kosten.

WO SOLLTE ES NOCH FAHRVERBOTE GEBEN?

Obwohl die Gerichte in München, Düsseldorf, Stuttgart, Aachen und zuletzt Frankfurt am Main die Landesregierungen angewiesen haben, Fahrverbote zu prüfen und anzuordnen, weigern sich die zuständigen Behörden, den Urteilen nachzukommen. Oft legen sie Berufung ein. Doch auch bei rechtskräftigen Urteilen wie in München, Düsseldorf und Stuttgart versuchen die Landesregierungen, die Fahrverbote so weit möglich zu umgehen.

Daher klagt die DUH auf Zwangsgeld, das die Landesregierungen aber wenig beeindruckt - wandert das Geld doch nur von einer Haushaltsstelle in eine andere. Deshalb prüfen die Richter im Münchner Verfahren mittlerweile Beugehaft für Beamte und Minister.

WO STEHEN DIE NÄCHSTEN ENTSCHEIDUNGEN AN?

Die nächste Gerichtsverhandlung ist am 24. Oktober in Mainz. Im November folgen Bonn, Köln, Essen, Gelsenkirchen und Darmstadt. Kurz vor Weihnachten ist Wiesbaden an der Reihe. Insgesamt führt die DUH derzeit in 28 Städten Gerichtsverfahren über Fahrverbote, in den kommenden Monaten sollen daraus 34 werden.

WIE WILL DIE BUNDESREGIERUNG FAHRVERBOTE VERMEIDEN?

In den 65 Städten, in denen vergangenes Jahr die Stickoxid-Grenzwerte überschritten wurden, will die Regierung die Umrüstung von kommunalen Fahrzeugen wie Bussen und Müllautos sowie von Lieferwagen von Handwerkern und Lieferdiensten finanziell fördern. Die Politik geht davon aus, dass diese Maßnahmen ausreichen, um die Grenzwerte in den meisten belasteten Städten einzuhalten.

In 14 Städten mit besonders hoher Luftverschmutzung setzt die Regierung auf freiwillige Umtauschaktionen der Autobauer sowie den Einbau von sogenannten SCR-Katalysatoren. Von diesen Programmen sollen auch Dieselhalter der umliegenden Landkreise sowie Pendler profitieren. Gelten sollen die Angebote außerdem für alle Städte, in denen neue Luftreinhaltepläne demnächst gerichtlich angeordnete Fahrverbote beinhalten, Frankfurt etwa.

Autos, die weniger als 270 Milligramm Stickstoffdioxid pro Kilometer ausstoßen, will die Regierung von Fahrverboten ausnehmen. Derzeit stoßen die meisten Diesel aber weit mehr aus als das.

(AFP)
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