Tarifverhandlungen : Volkswirt: Lohnforderungen nicht aus der Luft gegriffen
Mannheim Die stark gestiegene Inflation belastet die Budgets der Bürgerinnen und Bürger. Die Gehälter kommen den Preisen nicht mehr hinterher. Gewerkschaften fordern kräftige Lohnzuwächse.
Zweistellige Lohnforderungen in den laufenden Tarifrunden sind nach Einschätzung eines ZEW-Forschers angesichts der stark gestiegenen Teuerung nicht aus der Luft gegriffen. Im vergangenen Jahr machte die Inflation den Lohnanstieg zunichte, die Reallöhne der Arbeitnehmer in Deutschland sanken um 3,1 Prozent. „Wenn die Arbeitnehmerseite in den aktuellen Lohnverhandlungen das Ziel verfolgt, diesen Reallohnverlust rückgängig zu machen, sollten die Löhne also mindestens um diese 3,1 Prozent wachsen“, erläuterte Friedhelm Pfeiffer vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).
Wenn es zudem das Ziel der Gewerkschaften sei, die Reallöhne konstant zu halten, dann sei die erwartete Inflation entscheidend. Pfeiffer geht wie auch die Bundesregierung von einer Teuerungsrate von durchschnittlich 6 Prozent in diesem Jahr aus. Damit wäre rechnerisch ein weiterer Lohnzuwachs von 6 Prozent erforderlich. Beiden Komponenten ergäben in Summe eine Forderung von 9,1 Prozent.
Wolle die Arbeitnehmerseite auch die Steigerungsrate der Reallöhne im Mittel der Jahre 2011 und 2021 erreichen, müssten die Löhne rechnerisch um 10,5 Prozent steigen. „Dennoch ist es wenig wahrscheinlich, dass es zu zweistelligen Lohnabschlüssen kommt“, erwartet Pfeiffer. Es gelte auch höhere Lohnabschlüsse und mögliche Arbeitsplatzverluste abzuwägen.