Vodafone setzt ganz auf Europa

Britischer Konzern verkauft Beteiligung an US-Firma Verizon und geht damit ein großes Risiko ein.

Düsseldorf. Auf dem Mobilfunk-Markt werden die Karten neu gemischt: Vodafone verabschiedet sich aus dem US-Geschäft und lässt sich das mit einem Geldsegen von 130 Milliarden Dollar (umgerechnet knapp 100 Milliarden Euro) versüßen. Der spektakuläre Verkauf der Beteiligung am US-Mobilfunkmarktführer Verizon Wireless wäre aber nur ein Glied in einer langen Kette. Denn auf dem Mobilfunk-Markt ist auf beiden Seiten des Atlantiks mächtig Bewegung — auch in Deutschland.

Hierzulande kauft O2 Konkurrent E-Plus. Vodafone versucht, den Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland zu schlucken. Den Geldsegen aus den USA kann Vodafone nutzen, um das schleppende Europa-Geschäft aufzupeppen und weitere Kabelanbieter zu kaufen.

Die Briten gehen mit dem Abschied aus dem hochprofitablen US-Geschäft ein großes Risiko ein. Statt steter Milliarden-Dividenden gibt es den Erlös aus dem Verkauf von Verizon Wireless nur einmal. Und das Europa-Geschäft ist alles andere als ein Wachstumsmarkt. Im Unterschied zu den USA haben die meisten europäischen Länder eine schrumpfende, alternde Bevölkerung.

Der milliardenschwere Verkauf versetzt Vodafone aber in eine einzigartige Lage unter den hoch verschuldeten Telekomkonzernen Europas. Die Briten können nun im großen Stil investieren.

Die Serie von Übernahmen hat einen Grund: Die goldenen Zeiten, in denen jeder viel Geld verdienen konnte und der Markt ständig wuchs, sind vorüber. Die Märkte sind gesättigt und die Umsätze schrumpfen. Anbieter suchen ihr Wohl nun in Zusammengängen, um die Kosten zu drücken.

In Deutschland wird der Markt geradezu umgepflügt. Die Nummern drei und vier im Markt, O2 und E-Plus, stehen vor dem Schulterschluss. Sie wollen ihre Netze zusammenlegen und aus zwei kleinen Spielern neben T-Mobile und Vodafone einen dritten großen schmieden. Für Verbraucher hat das Vor- und Nachteile.

Die gute Nachricht ist, dass in einem solchen Fall drei Anbieter über das Geld verfügen, die Netze stark auszubauen und fit zu machen für die stetig steigende mobile Internet-Nutzung. Kehrseite ist, dass drei Anbieter beim harten Preiswettbewerb einen Gang runterschalten dürften.

Die zweite Milliardenübernahme kündigte Vodafone an: Für den Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland müssen die Briten viel Geld hinblättern, denn sie bewerten Kabel Deutschland einschließlich der Schulden mit 10,7 Milliarden Euro. Mit der Idee, Mobilfunk- und Kabelnetze unter einem Dach zusammenzuführen, folgt Vodafone der Vorgabe von Unternehmenschef Vittorio Colao, Kunden vermehrt Komplettpakete aus Telefon, Internet und TV anzubieten.

Mit der Verbindung von Kabelnetz und Mobilfunk schafft Vodafone etwas der Telekom Ebenbürtiges. Bitter für die Telekom: Das Kabelnetz hatte sie selbst gebaut, musste es aber im Zuge der Privatisierung verkaufen. Die Telekom kontert bereits mit Anschlüssen, die ähnlich schnell sein sollen wie das Kabel. Der glückliche Profiteur der technischen Aufrüstung auf allen Seiten dürfte der Verbraucher sein.

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