Wirtschaft Viele Lokführer krank: Bundesweit fallen Züge aus

Pendler brauchen derzeit starke Nerven. Der Verkehrsminister Baden-Württembergs bestellt Bahn-Verantwortliche zum Rapport.

Wirtschaft: Viele Lokführer krank: Bundesweit fallen Züge aus
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Hannover/Stuttgart. Für Bahnpendler quer durch Deutschland ist es ein großes Ärgernis: Weil es unter Lokführern einen hohen Krankenstand gibt und Personal fehlt, fallen Züge kurzfristig aus oder werden Fahrpläne wochenlang zusammengestrichen. Im Moment besonders betroffen sind Strecken nach Bremen, Hamburg und Stuttgart sowie Verbindungen in Westfalen. Im einstigen Traumberuf Lokführer ist Nachwuchs Mangelware. Baden-Württemberg und Niedersachsen wollen nun handeln.

Die Missstände im regionalen Bahnverkehr müssten umgehend abgestellt werden, wettert Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in Stuttgart — und greift durch: Von morgen an werden die Verantwortlichen der Deutschen Bahn zum wöchentlichen Rapport einbestellt. Seit Anfang Oktober fallen auf sogenannten Zulaufstrecken nach Stuttgart morgens im Berufsverkehr mindestens zwei Züge aus, auch woanders kommt immer mal eine Bahn nicht. Die DB verweist auf einen hohen Krankenstand bei Lokführern und beim Zugpersonal. Laut Ministerium hat sich seit ähnlichen Problemen im Sommer aber nicht spürbar etwas verbessert.



Der baden-württembergische Fahrgastbeirat monierte in einem Schreiben an die Bahn, dass die „massiven Störungen“ bei den betroffenen Fahrgästen starken Frust verursachten und auch zur Abwendung vom Bahnverkehr führten.

In Niedersachsen sind es derzeit die Bahnkonkurrenten, die für Probleme sorgen. Die Nordwestbahn, die die S-Bahnzüge vom Umland nach Bremen fährt, musste vor einigen Wochen angesichts einer Vielzahl kranker Fahrer kapitulieren, der Fahrplan wurde reduziert. Dasselbe trifft bis Ende Oktober Pendler in den Metronom-Zügen von Hamburg Richtung Bremen und Lüneburg. Der Grund auch hier: Personalmangel. „Tatsächlich haben wir unsere Ausbildungsgruppen gut gefüllt, aber das dauert eben“, sagt Metronom-Sprecher Björn Pamperin. Zehn Monate dauert der Lehrgang zum Lokomotivführer.

Solange will die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) nicht warten. Neben Kürzungen in Millionenhöhe, die die Bahnen wegen nicht gefahrener Züge erwarten, soll ihnen das Vorhalten von mehr Personal möglicherweise künftig vorgeschrieben werden. „Wir stellen uns die Frage, ob wir bei künftigen Ausschreibungen eine großzügigere Personalreserve zum Gegenstand machen“, sagte LNVG-Sprecher Rainer Peters. Dies sei eine Reaktion auf wachsende Probleme angesichts des Lokführermangels bundesweit. Einer der wesentlichen Gründe dafür sei der Schichtdienst.

„Seit Jahren ist am Personal gespart und nicht ausgebildet worden“, moniert der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Norbert Quitter. Die Folge sei eine Spirale: Kollegen seien überlastet, würden krank, fielen aus.

Bei der Nachwuchssuche kontraproduktiv sei zudem die Ankündigung von Bahnchef Rüdiger Grube gewesen, schon bald führerlose Züge auf die Schienen zu schicken, so Quitter. Fälschlicherweise sei bei manchem der Eindruck entstanden, der Beruf habe schon bald keine Zukunft mehr. (dpa)

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