Verteuert die Krim-Krise das Gas?

Deutsche Verbraucher könnten die Auswirkungen spüren, wenn Rohstoffe zur „strategischen Waffe“ werden.

Verteuert die Krim-Krise das Gas?
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Berlin/Hamburg. Die Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine führt Europa und Deutschland schmerzhaft die Abhängigkeit von Energie-Importen vor Augen. Umgekehrt könnte die starke wirtschaftliche Verflechtung Moskau von einer Eskalation abhalten.

Deutschland importiert große Mengen Rohöl und Gas aus Russland; es ist das bei weitem wichtigste Lieferland. Die Ölimporte aus Russland lagen 2013 bei 34,8 Prozent der gesamten Einfuhren. Bei den Gasimporten sind es sogar 38,7 Prozent. Bislang gibt es laut Bundesregierung keine Anzeichen für drohende Lieferengpässe.

Die Hälfte der russischen Gasexporte nach Europa wird über Leitungen durch die Ukraine abgewickelt. Sollten die Pipelines unterbrochen werden, wären die Lieferungen nicht ohne Weiteres vollständig zu ersetzen.

Geopolitische Krisen führen in der Regel zu steigenden Preisen. Ein Barrel (159 Liter) Rohöl der Nordsee-Sorte Brent verteuerte sich bereits auf rund 111 Dollar; das ist der höchste Preis in diesem Jahr, bewegt sich aber im normalen Rahmen. Der Gas-Preis schoss gestern zunächst um zehn Prozent in die Höhe.

Noch gibt es keine Anzeichen dafür. Verschärft sich die Krise, werden die Energiemärkte nervös, könnte sich das ändern.

Unwahrscheinlich. Der russische Staatskonzern Gazprom hat langfristige Verträge mit europäischen Abnehmern. Selbst im Kalten Krieg hat die Sowjetunion Westeuropa versorgt. Die Deviseneinnahmen aus dem Gas- und Ölexport sind für Russland überlebenswichtig, weil der Rest der Wirtschaft ziemlich marode ist.

Ja. In den Wintermonaten 2006 und 2009 kam es zu Lieferausfällen in der Ukraine und teils in Westeuropa, weil Moskau und Kiew über unbezahlte Rechnungen und angeblichen ukrainischen Gasklau aus den Pipelines stritten. Die wiederholten Krisen zeigen, wie wichtig es ist, dass Westeuropa seinen Energiehunger selbst oder aus vielfältigen Lieferquellen stillt.

Der Staat bunkert für Krisen große Mengen Öl. Die strategische Ölreserve muss per Gesetz für 90 Tage reichen. Diese wurde etwa im Libyen-Konflikt oder nach dem Hurrikan „Katrina“ angezapft, um die Märkte zu beruhigen. Die vorhandenen Gasspeicher sind die viertgrößten weltweit.

Die Unruhe ist groß. Der Ost-Ausschuss beim Industrieverband BDI hält eine Rezession in Russland für denkbar. Nach 80,5 Milliarden Euro Rekordergebnis 2012 sank der deutsch-russische Handel 2013 auf 76,5 Milliarden Euro. Der Sinkflug des russischen Rubels verteuert deutsche Exporte. Eine Eskalation, womöglich militärisch, könnte aber vor allem Moskau teuer zu stehen kommen. Das Land ist auf die Milliarden aus den Energieexporten angewiesen, ebenso auf Investitionen und Wissen westeuropäischer Konzerne.

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