Ungarn: Das zweite Griechenland?

Die Regierung in Budapest schürt Ängste vor einer Ausweitung der Krise. Die Märkte reagieren sensibel.

Brüssel. Die EU-Kommission und die ungarische Regierung haben am Wochenende versucht, die Angst der Investoren an den Finanzmärkten vor einem zweiten Fall Griechenland und einer rasanten Ausweitung der Schuldenkrise in Osteuropa zu zerstreuen.

Grund: Am Freitag war die ungarische Landeswährung Forint schwer unter Druck geraten, nachdem Vertreter der neuen ungarischen Mitte-Rechts-Regierung davor gewarnt hatten, dass ihr die sozialistische Vorgängerregierung viel mehr Haushaltslöcher hinterlassen habe als geahnt.

Die Worte schlugen ein wie eine Bombe. Der Euro sank vor dem Wochenende und kostete zwischenzeitlich nur noch etwas mehr als 1,20 Dollar - so wenig wie seit vier Jahren nicht mehr. Aktien europäischer Banken gerieten unter Druck.

Am Wochenende stellte sich der für Währung zuständige EU-Kommissar Olli Rehn demonstrativ hinter Ungarn, indem er die Angst davor, dass das Land demnächst seine Schulden nicht mehr bedienen könne, als "übertrieben" bezeichnete. Ungarn habe bereits vor längerem auf einen strikten Sparkurs eingeschwenkt, der Erfolge zeige.

Auch die regierende Fidesz-Partei bemühte sich, die Wogen wieder zu glätten. Ein Staatssekretär bekräftigte den Willen, die angekündigten Defizitvorgaben (3,8 Prozent) in diesem Jahr doch einzuhalten - nachdem noch Stunden zuvor ein womöglich doppelt so hoher Fehlbetrag im Gespräch war. Allerdings wurde eingeräumt, dass die Regierung dafür "Maßnahmen treffen" müsse. Details wurden nicht genannt.

Die EU-Kommission ist derweil äußerst verstimmt über die Äußerungen der ungarischen Regierung. Rehn tadelte sie ungewöhnlich scharf: "Wir haben gesehen, dass in die Irre führende Kommentare wie in den beiden vergangenen Tagen nachteilige Wirkung haben können."

Rehn ärgert sich insbesondere über die - von Budapest selbst ins Gespräch gebrachten - Vergleiche zwischen der Lage in Ungarn und in Griechenland. Einiges spricht nämlich dafür, dass die neue Regierung Argumente sucht, um Steuerversprechen aus dem Wahlkampf nicht einhalten zu müssen, indem sie ihre Vorgängerin verantwortlich macht für eine unerwartet schwierige Haushaltslage.

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