Gaspipeline in der Ostsee Umweltverbände sehen Nord Stream 2 kritisch

Berlin/Schwerin (dpa) - Umweltverbände üben scharfe Kritik an dem geplanten Ausbau der Ostseepipeline durch das Firmenkonsortium Nord Stream 2.

Gaspipeline in der Ostsee: Umweltverbände sehen Nord Stream 2 kritisch
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„Das Projekt ist umwelt-, energie- und geopolitisch der falsche Weg“, sagte der Meeresexperte des Nabu Deutschland, Kim Detloff. Die Ostsee sei bereits mit ihren großen sauerstofffreien Zonen ein ökologisch belastetes Meer. Mit dem Bau einer weiteren Leitung würden in den Küstenbereichen neue Unterwassergräben ausgehoben. Der Sedimentabtrag aus dem Meeresboden hätte zur Folge, dass Phosphate und Nitrate aus dem Boden zusätzlich in den Wasserkörper gelangten, so die Kritik des Nabu.

Das Projekt sei „hochkritisch“, sagte die Vorsitzende des BUND-Landesverbandes, Corinna Cwielag. Mit der geplanten Verdoppelung der Pipelinestränge würden sich auch die Auswirkungen auf die Ostsee verdoppeln. „Wir erwarten von den Genehmigungsbehörden eine kritischere Durchsicht als bei der ersten Pipeline“, sagte Cwielag. Die Verbände kündigten an, den Genehmigungsprozess kritisch zu begleiten. Die Möglichkeit einer Klage behalte man sich vor.

Nord Stream 2 will Anfang 2017 den Genehmigungsantrag in Deutschland einreichen. Am Genehmigungsprozess werden auch die Umweltverbände beteiligt. Sie bezweifeln, dass sich die Ostsee - wie von Nord Stream angegeben - nach der Fertigstellung der ersten Pipeline im Jahr 2011 weitgehend regeneriert habe.

Nach Angaben von Nord Stream zeigten die Messergebnisse, dass der Bau keine erheblichen Beeinträchtigungen der Umwelt mit sich gebracht habe. Untersucht wurden unter anderem das Fischvorkommen, Einflüsse auf die Artenvielfalt, auf Meeressäuger, Bodenlebewesen und Seevögel. Nord Stream war mit den Genehmigungen zu einem umfassenden Umweltmonitoring während und nach den Bauarbeiten beauftragt worden. Der Abschlussbericht steht noch aus.

Die Umweltverbände Nabu und BUND lehnen die neue Erdgastrasse auch aus energiepolitischer Sicht ab. Die Pipeline sei ein Hemmnis der in Deutschland eingeleiteten Energiewende, sagte Detloff. „Gas ist zwar eine Brückentechnologie, aber nicht über 40 Jahre.“ Parallel zur ersten Pipeline würde die neue Trasse pro Jahr bis zu 55 Milliarden Kubikmeter weiteres russisches Erdgas nach Westeuropa liefern. Detloff warnte: „Dieses politisch protegierte Signal Richtung Gas ist falsch.“

Der BUND kritisierte, dass mit dem Aufgraben des Meeresbodens im Anlandungsbereich im Greifswalder Bodden Trübungen entstehen, die zu einem Absterben von Seegraswiesen führen. Die Seegraswiesen seien als Laichplatz für Heringe notwendig. Der Greifswalder Bodden gilt als „Kinderstube“ für den westlichen Heringsbestand in der Ostsee.

Seit der Inbetriebnahme vor fünf Jahren transportiert Nord Stream 1 eigenen Angaben zufolge 145 Milliarden Kubikmeter russisches Gas nach Deutschland. BUND und WWF hatten gegen den Bau der ersten Pipeline geklagt, die Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald nach Verhandlungen mit dem Pipelinebauer Nord Stream zurückgezogen. Im Ergebnis einigten sich die Umweltverbände mit Nord Stream auf höhere als in der Genehmigung vorgeschriebene Umweltstandards. Zudem gab Nord Stream rund 35 Millionen Euro für eine nationale und eine internationale Ostseestiftung. Vertreter von Umweltverbänden übernahmen die operative Steuerung der Stiftungen.

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