Trotz Japankrise weiter Job-Boom

Nürnberg/Berlin (dpa) - Die Japankrise stellt nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) bislang keine ernsthafte Bedrohung für den deutschen Job-Boom mit derzeit 3,21 Millionen Arbeitslosen dar.

Dazu seien die deutsche und die japanische Wirtschaft zu wenig miteinander verflochten, betonte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker bei der Bekanntgabe der aktuellen Arbeitsmarktzahlen am Donnerstag in Nürnberg. Allenfalls in einigen Bereichen könnte es aufgrund von Lieferschwierigkeiten japanischer Unternehmen zu Produktionseinschränkungen kommen.

„Wir spüren, dass die Unternehmen sich auf mögliche Produktionsengpässe vorbereiten. Wir haben aktuell viele Nachfragen nach Kurzarbeit. Es gibt großen Beratungsbedarf, aber sonst ist die Lage noch ruhig“, berichtete Becker. Bislang hätten nur zwei Unternehmen tatsächlich Kurzarbeit beantragt. Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht derzeit keine negativen Auswirkungen der japanischen Atomkatastrophe auf den deutschen Arbeitsmarkt.

Im März haben nach BA-Angaben die vollen Auftragsbücher vieler Unternehmen dem deutschen Arbeitsmarkt einen ungewöhnlich kräftigen Frühjahrsaufschwung beschert - und die Erwerbslosigkeit abermals auf ein Rekordtief sinken lassen. Die Zahl der Jobsucher sank zum Frühjahrsbeginn um 102 000 auf 3,21 Millionen und damit doppelt so stark wie im Dreijahresschnitt. Zugleich erlebte Deutschland die niedrigste März-Arbeitslosigkeit seit 19 Jahren.

Die Arbeitslosenquote nahm im März um 0,3 Punkte auf 7,6 Prozent ab (2010: 8,5 Prozent). Auch ohne den Saisoneffekt der Frühjahrsbelebung wäre die Arbeitslosigkeit um 55 000 zurückgegangen. Vor einem Jahr waren noch 350 000 mehr Männer und Frauen ohne Job gewesen. BA-Chef Frank-Jürgen Weise sprach mit Blick auf die wachsende Zahl von Menschen mit Arbeit von einer „wirklichen guten Entwicklung“.

Die Bundesagentur sieht derzeit kein Ende des Job-Booms. Im Jahresdurchschnitt werde die Zahl der Arbeitslosen um rund 320 000 sinken. Möglicherweise werde schon im Mai die psychologisch wichtige Drei-Millionen-Marke unterschritten, deutete Weise an. Auch gemessen an der Erwerbstätigenzahl stehen die Zeichen weiter auf Aufschwung; sie stieg zuletzt im Februar um 15 000 auf 40,29 Millionen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist dies ein Plus von 494 000.

Sorgen bereitet der Bundesagentur dagegen die Langzeitarbeitslosigkeit. Zwar sei die Zahl der arbeitslosen Hartz-IV-Betroffenen binnen Jahresfrist um 3 Prozent gesunken. Die Gruppe habe dennoch in weit geringerem Umfang vom Wirtschaftsaufschwung profitiert als Menschen mit kürzerer Arbeitslosigkeit, deren Zahl innerhalb eines Jahres um 21 Prozent zurückgegangen war. „Die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen funktioniert nicht so gut wie bei den übrigen Arbeitslosen“, gab Weise zu.

Die mit rund 900 000 unverändert hohe Zahl an Langzeitarbeitslosen hat unterdessen eine Debatte über verbesserte Hilfsangebote für arbeitslose Hartz-IV-Empfänger ausgelöst. Die Opposition von SPD, Grünen und Linken warnte dabei im Zusammenhang mit der geplanten Neuordnung der Arbeitsmarktprogramme vor weiteren Abstrichen bei den Hilfen für Langzeitarbeitslose. „Die Kürzungswillkür könnte den positiven Trend abwürgen“, warnte Brigitte Pothmer von den Grünen. Auch die Linkspartei befürchtet mit der Neuordnung einen „massiven Kahlschlag bei den Fördermaßnahmen für Erwerbslose“.

Dagegen unterstützte Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt die Bestrebungen der schwarz-gelben Bundesregierung, die Zahl der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auf wirksame Instrumente zu konzentrieren. Langzeitarbeitslose benötigten keine Arbeitsmarktmaßnahmen von der Stange, „sondern individuelles, flexibles und maßgeschneidertes Fördern und Fordern“, betonte Hundt in Berlin. Die FDP-Fraktion im Bundestag verteidigte ihre geplante Neuordnung: „Wir brauchen nicht viele Instrumente mit vielen Zielen, sondern einige mit klaren Zielen“, sagte FDP-Abgeordneter Johannes Vogel.

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