ThyssenKrupp trennt sich von Edelstahlsparte

Essen (dpa) - ThyssenKrupp verabschiedet sich nach etwa 100 Jahren vom Edelstahlgeschäft: Der Aufsichtsrat des größten deutschen ThyssenKrupp hat dem Verkauf der Edelstahlsparte an den Konkurrenten Outokumpu zugestimmt.

Das finnische Unternehmen will einen neuen Weltmarktführer im Edelstahlbereich schmieden. In Deutschland sollen in den kommenden Jahren bis zu 850 Stellen abgebaut werden. Die Kartellbehörden müssen dem Geschäft noch zustimmen. ThyssenKrupp will mit dem Deal seinen Konzernumbau vorantreiben. „ThyssenKrupp verbessert durch diese Transaktion seine finanzielle Flexibilität und schärft sein strategisches Profil“, sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger laut Mitteilung.

Im Gegenzug wurde ein Paket zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten vereinbart. Demnach soll es bis Ende 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Außerdem gilt für alle Produktionsstandorte eine Bestandsgarantie bis mindestens 2015. „Mit diesem Vertrag sind wichtige Voraussetzungen für eine Zustimmung der Arbeitnehmer geschaffen worden“, sagte ein Sprecher der IG Metall. Inoxum hat 11 700 Beschäftigte, davon rund 6000 in Deutschland.

Das finnische Unternehmen bezifferte den vereinbarten Preis für die Übernahme der ThyssenKrupp-Tochter auf rund 2,7 Milliarden Euro. Die Summe setze sich zusammen aus einer Barzahlung von einer Milliarde Euro, einem Aktienpaket an Outokumpu in Höhe von 29,9 Prozent im Wert von ebenfalls rund einer Milliarde Euro sowie der Übernahme von Schulden und Pensionsverbindlichkeiten.

Outokumpu kündigte am Dienstag an, nach dem Kauf bis zu 850 Stellen in Deutschland streichen zu wollen. Bis zu 600 Betroffenen an den Standorten Krefeld und Bochum sollen Angaben des Unternehmens zufolge neue Arbeitsplätze im ThyssenKrupp-Konzern angeboten werden.

Während die Schließung der sogenannten Flüssigphase in Krefeld mit knapp 400 Beschäftigten bis Ende kommenden Jahres bereits fest vereinbart ist, gibt es für das Stahlwerk in Bochum mit rund 450 Beschäftigten noch eine Bestandsgarantie bis Ende 2016. „Wir sehen solide Voraussetzungen für einen Erhalt des Standorts Bochum über den vereinbarten Zeitpunkt hinaus“, sagte ein Gewerkschaftssprecher.

In Krefeld sollen auch nach der Ende 2013 vorgesehenen Schließung der Flüssigphase weiterhin rund 1700 Mitarbeiter beschäftigt bleiben. Die Weiterverarbeitung in einem Kaltwalzwerk soll erhalten werden und ein Forschungs- und Entwicklungszentrum soll ausgebaut werden, wie die IG Metall mitteilte.

Die Verhandlungsführer der IG Metall, Markus Grolms und Marc Schlette, werteten die Einigung als Erfolg. Der Verhandlungsprozess sei „extrem schwierig“ und „angespannt“ gewesen. „Wir haben kein Ergebnis erzielt, das zum Jubeln Anlass gibt“, sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Bertin Eichler. Der Vorsitzende des Inoxum-Gesamtbetriebsrats, Bernd Kalwa, bezeichnete die geplante Stahlwerksschließung in Krefeld als „herbe Enttäuschung“.

Die Trennung von der Edelstahlsparte ist der dickste Brocken beim angekündigten Konzernumbau von ThyssenKrupp. Vorstandschef Heinrich Hiesinger will dadurch im hoch verschuldeten Unternehmen Spielräume für den Ausbau der Technologiesparte mit dem Anlagen- und Aufzugbau schaffen. Inoxum erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2010/2011 (30.9.) einen Umsatz von 6,7 Milliarden Euro.

Outokumpu will durch die Übernahme der ThyssenKrupp-Sparte in dem von Überkapazitäten geprägtem Edelstahlgeschäft jährlich bis zu 250 Millionen Euro einsparen. Dieses Ziel solle spätestens bis zum Jahr 2017 umgesetzt werden, teilte das Unternehmen mit. Neben den Stellenstreichungen sollen dazu auch Kostenvorteile beim gemeinsamen Einkauf von Rohstoffen und Energie sowie beim Vertrieb beitragen.

Die nächste große Hürde für das Geschäft ist die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden. Der Edelstahlmarkt in Europa gilt trotz der von den Unternehmen beklagten Überkapazitäten als klein. Mit der Übernahme von Inoxum durch Outokumpu entstünde ein neuer Weltmarktführer mit mehr als 19 000 Mitarbeitern und rund 11,8 Milliarden Euro Umsatz. Am Mittwoch wollen die beiden Konzernchefs von ThyssenKrupp und Outokumpu, Heinrich Hiesinger und Mika Seitovirta, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Düsseldorf ihre Strategie für das Unternehmen vorstellen.

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