Thyssen-Krupp: „Paukenschlag“ erfreut die Börse

Anleger werten die Entlassung dreier Vorstände bei Thyssen-Krupp positiv. Konzern will ein „Signal setzen“.

Essen. Ein Kahlschlag als Hoffnungszeichen: Mit Erleichterung haben die Finanzmärkte auf den geplanten Rausschmiss des halben ThyssenKrupp-Vorstands reagiert.

Angesichts immer neuer massiver Probleme sollen gleich drei von sechs Vorständen des Essener Traditionsunternehmens nach dem Willen des Aufsichtsrats ihren Hut nehmen — ein höchst ungewöhnlicher Schritt für einen Dax-Konzern. Der Aktienkurs legte am Donnerstag um mehr als 2,5 Prozent zu.

Dem seit Anfang vergangenen Jahres amtierenden Vorstandschef Heinrich Hiesinger (52) sprach das von Gerhard Cromme (69) geleitete Kontrollgremium sein Vertrauen aus, das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Die Ablösung seiner Kollegen sei „in enger Abstimmung“ mit Hiesinger entschieden worden, heißt es.

Neben dem wegen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft unter Druck geratenen Vorstand Jürgen Claassen (54) sollen auch Stahl-Chef Edwin Eichler (54) und Technologievorstand Olaf Berlien (50) gehen. Hintergrund sind drohende Milliardenverluste beim Stahlgeschäft in Übersee und sich häufende Berichte über unsaubere Geschäftspraktiken in gleich mehreren Sparten des Konzerns.

Mit dem Schritt wolle man ein „klares Signal nach außen“ setzen, hieß es in der Erklärung. Auch angesichts der Aufdeckung von Korruptions- und Kartellfällen stelle sich „die Frage nach der bisherigen Führungskultur im Konzern“. Dabei setzt der Aufsichtsrat auf Hiesinger und den ebenfalls noch relativ neuen Vorstand Guido Kerkhoff. Ihre Arbeit finde die „volle Unterstützung“ der Kontrolleure.

Aufsichtsratschef Cromme, der auch den Siemens-Aufsichtsrat leitet, gilt als einer der mächtigsten Kontrolleure in der deutschen Wirtschaft. Doch sind die Fehlentscheidungen bei Thyssen-Krupp auch unter seinen Augen getroffen worden — er gehört dem Gremium seit 2001 an und war vorher selbst Chef des Stahlriesen.

Die Aufräumaktion an der Thyssen-Krupp-Spitze hatte das Unternehmen völlig überraschend angekündigt. Die betroffenen Manager sollen den Konzern bereits zum Jahresende verlassen. Die endgültige Entscheidung fällt am kommenden Montag im Aufsichtsrat. Am Dienstag legt Thyssen-Krupp seine Jahresbilanz für das Geschäftsjahr 2011/2012 vor. dpa

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