Tennet fordert realistische Ziele für Offshore-Windparks

Bayreuth/Hamburg (dpa) - Der Ausbau der Offshore-Windenergie in der Nordsee kommt langsamer voran als gedacht. Der Netzbetreiber Tennet errichtet derzeit Übertragungssysteme, die zunächst gar nicht voll ausgenutzt werden können - und will deshalb das Tempo drosseln.

„Wir haben Aufträge für elf Anschlussleitungen in der Nordsee mit einer Gesamtkapazität von 6,2 Gigawatt verbindlich vergeben“, sagte Tennet-Geschäftsführer Lex Hartman der Nachrichtenagentur dpa in Hamburg. „Aber wir bauen auf Vorrat, weil gleichzeitig nur verbindliche Investitionsentscheidungen für Offshore-Windparks mit einer Gesamtkapazität von 2,9 Gigawatt vorliegen.“

Konkret im Bau seien Anlagen mit einer Leistung von 2,3 Gigawatt. „Es drohen Leerstandskosten im hohen dreistelligen Millionenbereich“, sagte Hartman. Die Leidtragenden wären die Stromkunden, die am Ende für diese Kosten aufkommen müssten.

Bislang verläuft der Ausbau der Windparks und der Netze an der Nordsee nicht synchron - manchmal werden die Netzanschlüsse später eingerichtet als die Windparks, manchmal ist es umgekehrt. „Die Gründe dafür sind vielfältig“, erklärte der Tennet-Geschäftsführer. Sie ließen sich vor allem durch den Pioniercharakter der Projekte und die zeitlich sehr ambitionierten Ziele erklären.

„Die auf See erzeugte Windenergie leistet einen wichtigen Beitrag für die Versorgungssicherheit und stellt einen wesentlichen Teil bei der Umsetzung der Energiewende dar“, betonte Hartman. Um unnötige volkswirtschaftliche Kosten zu vermeiden, müsse aber der Ausbau stetiger und gleichmäßiger gestaltet werden.

Tennet verlangt nun, die Ausbauziele nach dem Netzentwicklungsplan zu reduzieren. „Wir schlagen vor, dass wir bis 2023 in der Nordsee Netzkapazität für 7 Gigawatt Offshore-Leistung bereitstellen“, sagte Hartman. Das würde nach seiner Ansicht reichen, um die realistisch zu erwartenden Windparks anzuschließen, und gleichzeitig einen effizienten und synchronen Ausbau der Infrastruktur sicherstellen.

Ursprünglich waren bis zu diesem Zeitpunkt einmal Windparks mit einer Leistung von 12,8 Gigawatt in der Nordsee geplant, doch gilt dieses Ziel in der Windkraftbranche als nicht mehr erreichbar. Nach 2023 will Tennet dann etwa ein Gigawatt Kapazität pro Jahr dazubauen.

Der Netzbetreiber musste bislang immer dann eine Anbindung für einen Offshore-Windpark in Auftrag geben, wenn die Genehmigung für den Park vorlag - auch wenn die endgültige Investitionsentscheidung noch gar nicht gefallen war. Gegenwärtig investieren die Energieunternehmen nicht in neue Offshore-Windparks, weil die Bedingungen unklar sind. Die Zukunftsplanung für die Offshore-Windenergie steht als Teil der Energiepolitik auch auf der Tagesordnung der Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD.

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