Telekom-Tarifkonflikt: Weißer Rauch oder Eskalation

Bonn (dpa) - Der Tarifkonflikt bei der Deutschen Telekom steht in dieser Woche an einem Scheidepunkt: Entweder wird das Management des Unternehmens bei den Verhandlungen mit einem entsprechenden Angebot die Gespräche in ruhigeres Fahrwasser führen oder der Arbeitskonflikt spitzt sich dramatisch zu.

In drei Gesprächsrunden für drei Konzernbereiche sind sich die Tarifpartner in den vergangenen Wochen keinen Schritt näher gekommen. In einem wurde gar die Schlichtung angerufen. Und nun steht Anfang Mai planmäßig auch noch der Wechsel im Personalressort der Telekom an.

Thomas Sattelberger (62), der auf Seiten des Vorstands die Verhandlungen mit Verdi maßgeblich führt, wird nach genau fünf Jahren seinen Posten am 2. Mai räumen. Einen Tarifabschluss wird er bis dahin kaum unter Dach und Fach bringen können. Für den Tag seines Abschieds ist bei der Geschäftskundensparte T-Systems die vierte Tarifrunde angesetzt. Und so muss seine Nachfolgerin Marion Schick (53), die seit Jahresanfang im Konzern ist, wohl die Kohlen aus dem Feuer holen. Obwohl die Telekom von einem bruchlosen Übergang spricht, ist es für die Ex-Hochschulpräsidentin und ehemalige Kultusministerin Baden-Württembergs ein Sprung ins kalte Wasser.

Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt, will sie nicht gleich zu Beginn beim Tarifpartner als kritiklose Gefolgsfrau von Sattelberger dastehen. Der Manager, der schon vor seiner Telekom-Zeit bei Continental für Personal zuständig war und in der Branche als ein brillanter Kenner seines Faches gilt, ist bei den Gewerkschaften alles andere als beliebt. „Er hat einen eskalatorischen Umgang mit uns gepflegt“, sagt ein Verdi-Mann. Und dieser Stil solle sich unter Schick ändern, hofft die Gewerkschaft.

So steht die künftige Personalchefin schon gleich am Anfang vor einer Bewährungsprobe. Auch wenn sie in der Sache die Interessen des Konzerns vertreten wird, könnte schon ein veränderter Umgangston die Wogen glätten. „Sie muss aufpassen, dass ihr Sattelberger keinen toten Hund vor die Tür legt“, heißt es in Verdi-Kreisen in Anspielung auf den ungelösten Tarifkonflikt. Dabei wird Schick daran gelegen sein, die Lage möglichst rasch zu beruhigen.

Doch die Tarifrunde 2012 hat es in sich: Die Gemengelage ist äußerst kompliziert. Verhandelt wird in drei Strängen getrennt für die Bereiche Konzernzentrale DTAG, Telekom Deutschland GmbH und T-Systems. Dabei hat Verdi mit einer Forderung nach Lohnzuschlägen für die rund 85 000 Beschäftigten von 6,5 Prozent, einer Stärkung der unteren Lohngruppen und der Verlängerung des Ausschlusses von betriebsbedingten Kündigungen bei T-Systems die Latte hoch gelegt. Wenn der Konzern feste Dividenden zahlen könne und ordentliche Gewinne erziele, dann sollten auch die Beschäftigten daran teilhaben, heißt es.

Dabei hat die Telekom von Anfang an betont, dass es für mehr Geld kaum Verhandlungsspielraum gebe. Als Begründung wird unter anderem der scharfe Wettbewerb im Inland genannt und die anstehenden Investitionen in Milliardenhöhe in den Netzausbau. Sattelberger sprach gar von einer Nullrunde, was bei Verdi nicht gut ankam. Dass das Unternehmen nach drei Tarifrunden immer noch kein Angebot vorgelegt hat, treibt Streikleiter Ado Wilhelm die Zornesröte ins Gesicht: „Jetzt hilft nur noch Druck auf die Arbeitgeber. Wir sind für einen Arbeitskampf aufgestellt“.

Tatsächlich haben in den vergangenen Tagen mehre Zehntausend Telekom-Beschäftigte ihre Arbeit wegen der schleppenden Verhandlungen niedergelegt. Mit bundesweiten Warnstreiks soll es auch in den kommenden Tagen weiter gehen. An diesem Montag will das Management bei den Verhandlungen für die Telekom Deutschland GmbH mit Mobilfunk und Servicesparten nun erstmals ein Angebot vorlegen - „eine gutes“, heißt es. Ob damit aber weiße Rauchzeichen aufsteigen, ist keineswegs gewiss.

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