Sachverständigenrat : Streit in Koalition um Abgang von „Wirtschaftsweisem“
Berlin In der schwarz-roten Koalition ist ein handfester Streit über die Besetzung des Wirtschafts-Sachverständigenrats ausgebrochen. Die SPD hatte eine weitere Amtszeit des Vorsitzenden des Gremiums, Lars Feld, verhindert.
Führende Unionspolitiker attackierten den Koalitionspartner. CDU-Chef Armin Laschet sagte am Dienstag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur von Teilnehmern in einer Online-Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag, Finanzminister Olaf Scholz (SPD) habe sich als „Apparatschik der SPD“ verhalten, man dürfe dem als Union nicht nachgeben. Was Scholz sich erlaubt habe, sei ein „ungeheuerlicher Vorgang“. Die SPD wies die Vorwürfe zurück.
Die Union wollte am Freiburger Ökonom Feld als „Wirtschaftsweisen“ festhalten, das wollte die SPD aber nicht. Auf einen Kandidaten der SPD konnte sich die Koalition aber auch nicht einigen. Damit bleibt sein Platz zunächst unbesetzt. Feld scheidet Ende Februar aus dem einflussreichen Sachverständigenrat aus. Er ist seit März 2020 Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dem er seit März 2011 angehört. Der fünfköpfige Rat berät die Politik. Die Experten werden umgangssprachlich auch als die „Wirtschaftsweisen“ bezeichnet.
Im Hintergrund nimmt damit sieben Monate vor der Bundestagswahl ein Richtungsstreit Fahrt auf über die künftige Ausrichtung der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Feld gilt als ausgewiesener Ordnungspolitiker, also orientiert an den Prinzipien von Markt und Wettbewerb und gegen einen großen Einfluss des Staates.
In der SPD gibt es viel Sympathie etwa für eine Reform der Schuldenbremse, um weitere staatliche Investitionen in den Aufbau einer klimaneutralen Wirtschaft zu ermöglichen - so hatte sich etwa Umweltministerin Svenja Schulze geäußert. Die in der Coronakrise ausgesetzte und im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erlaubt nur in ganz geringem Maße neue Kredite. Für viele in der Union aber gehört die Schuldenbremse zum „Markenkern“, ebenso wie der Verzicht auf Steuererhöhungen.
Die SPD wollte dem Vernehmen nach den Düsseldorfer Volkswirtschaftler Jens Südekum oder den Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, als Nachfolger Felds durchsetzen. Diese seien näher an Positionen der SPD, hieß es. Darüber aber gab es keinen Konsens in der Koalition, so dass es zunächst keinen Nachfolger für Feld gibt.