Auftragsvergabe Warum Städte in NRW kaum Handwerker finden

Düsseldorf · Betriebe in Nordrhein-Westfalen beklagen, dass Städte Rechnungen sehr spät bezahlen, außerdem würden viele Sonderwünsche bei der Auftragsvergabe die Unternehmen zusätzlich abschrecken.

Sehr gefragt, aber für viele Kommunen nur schwer zu bekommen: Handwerker am Bau.

Sehr gefragt, aber für viele Kommunen nur schwer zu bekommen: Handwerker am Bau.

Foto: dpa/Lino Mirgeler

Die Baufirmen arbeiten am Anschlag, Handwerker sind gefragt wie selten zuvor. Das bekommen private Investoren, aber auch Kommunen und die Bahn zu spüren. Beispiel Wuppertal: Bereits zweimal scheiterte die Ausschreibung für das geplante Fahrradhaus am Döppersberg. Nun ist vorgesehen, Platz für die Räder im benachbarten Auto-Parkhaus zu schaffen. Duisburg: Für die Modernisierung des Hauptbahnhofes reichte kein Bauunternehmen geeignete Angebote ein (siehe Kasten) Dortmund: Hunderte Bauvorhaben mussten in den vergangenen drei Jahren aufgehoben werden, weil sich kein Unternehmen mehr an den Ausschreibungen beteiligt hat.

„Es gibt Städte in NRW, die große Probleme haben, zeitnah Handwerker für öffentliche Aufträge zu finden“, sagt Reiner Nolten auf Anfrage dieser Zeitung. „Dies betrifft aber nicht alle Städte.“ Nolten ist Hauptgeschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertags, dem Dachverband der Handwerkskammern in NRW. Kommunen, die in der Vergangenheit gut mit den Betrieben kooperiert hätten, fänden trotz voller Auftragsbücher auch jetzt noch Handwerker.

Schwierig werde es für Städte, die auf Private Public Partnership, Generalunternehmer und vergleichbare Modelle gesetzt hätten, die am Handwerk vorbeigingen. Dort fehle jetzt die Beziehung zum Handwerk.

Städte- und Gemeindebund: Vergaberegeln sind flexibel

Nolten sieht ein weiteres Problem: „Für einen Großteil der Kommunen in NRW gilt: Sie zahlen sehr spät, viel später als gewerbliche und private Kunden. Dies führt dazu, dass Handwerker in Zeiten, wo sie gut ausgelastet sind, lieber andere Aufträge annehmen.“

Keine Kritik kommt von Nolten an den Vergabevorschriften. „Die sind bewältigbar“, sagt er. Aber viele Kommunen wollten zusätzliche Unterlagen oder Erklärungen. „Ein Extrembeispiel aus diesem Jahr war, dass ein Maler für einen kleinen Versicherungsschaden von 400-500 Euro 14 Seiten ausfüllen sollte, was kein Gesetz vorgibt.“

Dass vereinzelt Kommunen keine Handwerker finden, trifft nach Einschätzung des Städte- und Gemeindebundes NRW zu. „Wir können das Problem allerdings nicht flächendeckend und für alle Leistungsarten bestätigen“, so Baurechtsexperte Johannes Osing. Probleme gebe es vor allem in Regionen, in denen sehr viel gebaut werde.

Mit Blick auf die Vergabeverfahren äußert sich Osing sehr positiv. Insbesondere im „Unterschwellenbereich“ seien die Bestimmungen des Landes für die Kommunen sehr flexibel. Aufträge bis zu einem vorab geschätzten Netto-Auftragswert von 100 000 Euro können demnach ohne Ausschreibung vergeben werden. Es gebe dann eine „freihändige Vergabe“ zwischen einer kleinen Zahl von Wettbewerbern.

Verständnis für die Kritik der Handwerksbetriebe an den späten Zahlungen der Kommunen kommt von Martin Lehrer, Sprecher des Städte- und Gemeindebundes NRW. „Aus Sicht der Firmen ist das natürlich ärgerlich. Aber es geht um das Geld der Steuerzahler. Und da gibt es für die Kommunen strenge Vorschriften, bevor bezahlt werden kann“, erläutert Lehrer. Er verweist darauf, dass in vielen Fällen Fördermittel von Land oder Bund die Bauprojekte erst möglich machen. „Wenn die Handwerker ihre Arbeit getan haben, wird in mehreren Schritten geprüft, ob alles in Ordnung ist. Die Geldgeber erwarten von der Kommune eine Dokumentation, sie wollen Nachweise. Das dauert seine Zeit“, so Lehrer.

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