Staatsaufsicht für Tankstellen und Ölkonzerne

Berlin (dpa) - Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will wegen der anhaltend hohen Benzinkosten die gesamte Preispolitik der Ölkonzerne unter staatliche Kontrolle stellen.

Tankstellen sollen einer neu zu schaffenden „Markttransparenzstelle“ künftig jede Änderung der Kraftstoffpreise differenziert nach Produkt, Zeitpunkt und Produktmengen übermitteln, heißt es einem Gesetzentwurf, der am 2. Mai vom Kabinett beschlossen werden soll. Die Ölbranche ist gegen eine „Benzin-Polizei“ und spricht von einem Bürokratiemonster. Die freien Tankstellen verurteilten das Vorhaben als Planwirtschaft.

„Transparenz und Wettbewerb am Benzinmarkt müssen gestärkt werden“, sagte Rösler am Freitag. Das sei ein entscheidendes Instrument für Preisstabilität. Die geplante Schaffung der Stelle, die beim Kartellamt angesiedelt werden soll, wäre eine Ergänzung zur Überwachung von Gas- und Strompreisen durch die obersten deutschen Wettbewerbshüter. Der Plan war von Rösler schon vor Ostern im Zuge der Debatte um hohe Benzinpreise bekanntgemacht worden.

Das Gesetz könnte am 2. Mai, kurz vor den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, vom Kabinett beschlossen werden und im Herbst in Kraft treten. Röslers Ministerium betonte, es gebe keinen Zusammenhang zu den Wahlen, bei denen die FDP an der 5-Prozent-Hürde scheitern kann.

Rösler will als weiteres Element zur Unterstützung der Autofahrer auch eine höhere Pendlerpauschale, obwohl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dagegen ist. Merkel unterstützt aber laut Regierungssprecher Steffen Seibert das Vorhaben für die Preis-Kontroll-Behörde.

Mit der neuen Meldestelle solle das Bundeskartellamt künftig viel besser Missbräuche aufdecken und verfolgen können, sagte Röslers Sprecher am Freitag in Berlin. Den Vorwurf der Mineralölbranche, es solle ein bürokratisches Monster geschaffen werden, wies er zurück. „Das scheint mir der übliche Reflex der großen Konzerne zu sein.“ Der bürokratische Aufwand solle so gering wie möglich gehalten werden, die Preise sollten über eine Internet-Plattform gemeldet werden.

Die Betreiber der rund 14 700 Tankstellen in Deutschland müssten mit der neuen Regelung künftig detailliert darüber Auskunft geben, wann und in welchem Umfang sie die Preise an den Zapfsäulen erhöhen oder senken. Außerdem müssten sie melden, welche Mengen an Treibstoffen sie wo und wie teuer eingekauft haben. Angesichts von Millionen Daten könnte ein Stab von mehreren hundert Mitarbeitern notwendig sein, hiergegen zielt auch die Kritik der Benzinbranche.

„Die Erhebung von Preis- und Mengenzahlen von knapp über 14 700 Tankstellen führte jeden Monat zu Millionen von Daten“, heißt es in einer Stellungnahme des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV) zu dem Gesetzentwurf von Rösler „Damit würde ein Bürokratiemonster geschaffen“, sagte MWV-Hauptgeschäftsführer Klaus Picard. Die Erhebung und Auswertung der Daten sei mit hohen Kosten verbunden. „Die Politik muss diese Kosten gegenüber dem Verbraucher rechtfertigen, denn der muss sie am Ende tragen.“

In dem Gesetzentwurf fehlen Angaben zu den Kosten und der Zahl der benötigten Mitarbeiter der Behörde. Auch die freien Tankstellen, die Rösler stärken will, wiesen dessen Plan zurück, da täglich bis zu eine Million Daten gemeldet werden müssten. „Das ist Planwirtschaft. So einen Gesetzesentwurf hätte ich von einem liberalen Minister nicht erwartet“, sagte Axel Graf Bülow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Freier Tankstellen, der WAZ-Mediengruppe (Samstag).

ADAC-Präsident Peter Meyer begrüßte hingegen die stärkere Kontrolle. „„Nur ein umfassend informiertes Bundeskartellamt ist in der Lage, Behinderungen freier Tankstellen aufzudecken oder andere wettbewerbswidrige Vorgehensweisen zu sanktionieren.“

Die Benzinpreise sind seit Wochen auf Rekordhoch: Ein Liter Superbenzin E10 kostete im bundesweiten Durchschnitt am Freitag 1,67 Euro, Superbenzin E5 1,71 Euro je Liter und Diesel 1,52 Euro. Es gilt aber als fraglich, ob durch die neue Stelle die Benzin- und Dieselpreise sinken könnten. Das Kartellamt hatte zuvor bereits in einer mehrjährigen Marktananalyse keine Beweise für wettbewerbswidriges Verhalten und illegale Preisabsprachen gefunden.

Als ersten Schritt im Ringen um mehr Wettbewerb und Transparenz hatte die Regierung vor Ostern die befristete Regelung dauerhaft verankert, wonach die fünf marktbeherrschenden Mineralölkonzerne freien Tankstellen Kraftstoff nicht teurer verkaufen dürfen als an eigene Tankstellen. Zudem wird derzeit geprüft, ob ein Verbot für mehrmals tägliche Preisveränderungen hilfreich sein könnte.

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