Springer erringt späten Sieg über Medienwächter

München (dpa) - Der Springer-Verlag hat im Rechtsstreit um die 2006 gescheiterte Übernahme von ProSiebenSat.1 vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen späten Sieg über die Medienwächter errungen.

Die von den Landesmedienanstalten eingesetzte Kommission zur Medienfusionskontrolle (KEK) und die Bayerische Landeszentrale für Neue Medien (BLM) hätten dem Medienhaus die für die Übernahme nötige Unbedenklichkeitserklärung damals nicht verweigern dürfen, entschieden die Richter am Mittwoch (Az. 7 BV 11.285). Die KEK habe mit der Entscheidung ihren Handlungsspielraum damals „in mehrfacher Hinsicht überschritten“, heißt es in der Mitteilung zum Urteil.

Das Gericht korrigierte damit den Ausgang früherer Verfahren. Springer sieht sich nach dem Richterspruch in seiner Auffassung bestätigt, sagte ein Sprecher in Berlin. Dem Medienkonzern war es mit dem Verfahren von Anfang an nicht darum gegangen, einen neuen Anlauf für eine Übernahme zu starten. Vielmehr ging es um Rechtssicherheit.

Direkte Folgen dürfte das für die KEK wenig schmeichelhafte Urteil ohnehin kaum haben. Denn das Bundeskartellamt hatte 2006 die Übernahme ebenfalls untersagt. Auch dagegen war Springer vorgegangen, hatte vor dem Bundesgerichtshof 2010 aber eine Niederlage kassiert.

Die KEK wollte sich am Mittwoch nicht äußern. Zunächst müsse die Kommission die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann genau prüfen, sagte ein Sprecher der Geschäftsstelle in Potsdam. Auch ein Sprecher von ProSiebenSat.1 wollte den Spruch nicht kommentieren.

Welche Folgen das Urteil für künftige Übernahmen in der deutschen Medienbranche haben wird, bleibt abzuwarten. Die Münchner Richter wiesen die KEK deutlich in die Schranken.

So sei etwa für die Frage, ob die Veränderung der Beteiligung an dem TV-Konzern medienrechtlich unbedenklich sei, der geplante Gesamtzuschaueranteil entscheidend, so das Gericht. Der habe 2006 für die Sender Sat.1, ProSieben, Kabel1, N24 und 9Live zusammen aber nur bei 22,06 Prozent gelegen und damit unter dem Schwellenwert von 25 Prozent. Damit hätte der Einfluss etwa der „Bild“-Zeitung und anderer Medienaktivitäten Springers nicht berücksichtigt werden dürfen. Ein klarer Verstoß der KEK.

Zudem habe die KEK nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Rundfunkstaatsvertrag vorschreibt, dass etwa regionale Fenster und Sendezeiten für andere Anbieter vom Zuschaueranteil noch abgezogen werden müssten, im Fall von ProSiebenSat.1 damals immerhin weitere fünf Prozentpunkte. Dazu kämen weitere Fehler und Wertungen, die die KEK gar nicht habe treffen dürfen. Die Entscheidung sei unangemessen.

Springer hatte am 5. August 2005 den milliardenschweren Kauf des TV-Konzerns von Investoren um den US-Milliardär Haim Saban angekündigt, der Deal scheiterte aber am Widerstand der Behörden. Der Konzern hatte seine Übernahmepläne daraufhin begraben, zum Zuge kamen später die Finanzinvestoren KKR und Permira. Allerdings wollte Springer anschließend gerichtlich klären lassen, ob die Ablehnung der Behörden zulässig war. Gegen das Kartellamt unterlag Springer.

In einer ersten Runde gegen KEK und BLM hatte im November 2007 das Münchner Verwaltungsgericht die Klage von Springer zurückgewiesen, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte 2009 erklärt, dass nach der Aufgabe der Übernahmepläne das „erforderliche berechtigte Interesse“ an einer nachträglichen Klärung fehle. Dem widersprach aber das Bundesverwaltungsgericht und verwies den Fall zurück nach München. Gegen den Spruch vom Mittwoch ließ der VGH keine Revision zu, dagegen ist aber eine Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht möglich. Ob die KEK davon gebraucht macht, ist offen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort