Siemens startet mit Gewinneinbruch ins neue Jahr

München (dpa) - Die Schuldenkrise und das Geschäft mit erneuerbaren Energien haben Siemens den Start ins neue Geschäftsjahr 2011/12 (30. September) verdorben. Zwischen Oktober und Dezember 2011 sank das Konzernergebnis um 17 Prozent auf 1,46 Milliarden Euro.

„2012 wird kein leichtes Jahr. Auch wenn es in der zweiten Jahreshälfte zu einer Erholung kommt, müssen wir hart arbeiten, um unsere Ziele zu erreichen“, sagte Siemens-Chef Peter Löscher vor der Aktionärsversammlung am Dienstag in München. Der Manager will einen Jahresgewinn von sechs Milliarden Euro einfahren.

Ausgerechnet das Geschäft mit erneuerbaren Energien, auf das Siemens nach dem angekündigten Atomausstieg in Deutschland große Hoffnungen setzte, macht Löscher nun Sorgen. Hinzu kommen Schuldenkrise und Konjunkturdelle. Solar- und Windenergie teilten sich zum Start ins neue Geschäftsjahr einen Verlust von 48 Millionen Euro.. Bürokratische Hindernisse bei der Anbindung von Windparks auf hoher See an das Stromnetz büßten die Münchner mit Abschreibungen in Höhe von 203 Millionen Euro.

Die rund 8800 zur Hauptversammlung angereisten Aktionäre hatten wenig am erfolgreichen Geschäftsjahr 2010/2011 auszusetzen und entlasteten Vorstand und Aufsichtsrat mit nur wenigen Gegenstimmen. Allerdings empfanden sie die Dividende in Höhe von drei Euro je Aktie angesichts des zurückliegenden Rekordjahres als zu niedrig.

Für das laufende Jahr müssen sie sich aber auf eine Abkühlung einstellen. Im ersten Quartal 2011/12 legte der Umsatz dank eines dicken Auftragspolsters von 102 Milliarden Euro zwar noch einmal um zwei Prozent auf 17,9 Milliarden Euro zu. Der Auftragseingang lag jedoch um fünf Prozent unter dem Vorjahr. Die Siemens-Aktien gaben nach der Vorlage der Zahlen deutlich nach. Nach der ersten Handelsstunde lagen die Papiere mit 3,88 Prozent im Minus bei 75,36 Euro. Bis zum Abend erholte sich der Kurs und stand bei 77,39 Euro.

Beim neu in den Konzern integrierten Geschäftssektor Infrastructure & Cities drückten ebenfalls Verzögerungen bei der Auslieferung von ICE-Schnellzügen an die Deutsche Bahn und damit verbundene Abschreibungen von 69 Millionen Euro den Gewinn. Auf den beiden anderen Konzernsektoren Gesundheitstechnik und Industrie lasteten Kosten für strukturelle Umbauten oder den Vertrieb sowie sinkende Bestellungen.

Als Ursachen für den Nachfragerückgang machte Siemens sowohl die Euro-Schuldenkrise als auch eine gravierende Kaufzurückhaltung in Asien aus. Allein in China sank der Bestelleingang um 17 Prozent auf unter 1,4 Milliarden Euro. Finanzvorstand Joe Kaeser sagte, es gebe gerade im kurzzyklischen Geschäft, zu dem die Automatisierungstechnik für Fabriken zählt, eine „deutliche Beruhigung“.

In China werde sich die Nachfrage in den nächsten Quartalen wieder verbessern, sagte Löscher. Für Europa rechnet er mit einer „milden Rezession“, in den USA mit einem stabilen Umfeld, und die Entwicklungsländer blieben weiter Wachstumsmotor“. Insgesamt kalkuliert die Konzernführung mit einem ebenfalls schwierigen zweiten Geschäftsquartal. Neben den konjunkturellen Risiken droht Ungemach von dem Netzwerkausrüster Nokia Siemens Networks. Der geplante Abbau von weltweit 17 000 Stellen wird laut Siemens-Finanzchef Joe Kaeser den Konzern mit einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag belasten.

Erst ab dem Frühjahr werde eine allmähliche Entspannung einsetzen. Die braucht Siemens auch, wenn Löscher sein Ziel erreichen will, den Jahresumsatz um drei bis fünf Prozent anzuheben (2010/11: 73,5 Mrd Euro) und rund sechs Milliarden Euro Gewinn zu verbuchen. Ebenfalls über die Bühne bringen will Siemens zumindest im Kalenderjahr 2012 den im Herbst verschobenen Börsengang der Lichttochter Osram.

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