Arbeitsplätze Appell an Arbeitgeber - NRW will mehr Jobs für Schwerbehinderte

Düsseldorf · In NRW gibt es 48.000 schwerbehinderte Arbeitslose. Viele Arbeitnehmer lassen sich erst gar nicht auf die Frage ein, ob sie Schwerbehinderte beschäftigen. NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann und Verantwortliche der Arbeitsagentur appellieren an die Arbeitgeber.

Ein Rollstuhlfahrer an seinem Arbeitsplatz.

Ein Rollstuhlfahrer an seinem Arbeitsplatz.

Foto: dpa/Stefan Puchner

Um Schwerbehinderte in den Arbeitsmarkt zu bringen, gibt es bereits seit 2008 in Nordrhein-Westfalen das Landesprogramm „Integration unternehmen!“. Dadurch wurden bislang gut 1700 Arbeitsplätze in Unternehmen des ersten Arbeitsmarktes geschaffen.

In sogenannten Inklusionsbetrieben, die zwischen 30 und 50 Prozent schwerbehinderte Menschen beschäftigen und dafür von der in Landesbesitz stehenden „Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung“ Zuschüsse erhalten.

Doch diese Arbeitsverhältnisse sind angesichts der insgesamt 48 000 schwerbehinderten Arbeitslosen in NRW viel zu wenig. Daher trommelt NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) dafür, dass sich Privatwirtschaft und öffentliche Verwaltung insgesamt mehr dieser Frage annehmen.

Es sei die „Königsfrage der Inklusion“, so sagte Laumann am Montag in der Düsseldorfer Arbeitsagentur, „dass Menschen mit schweren Handicaps eine Beschäftigung im Regelsystem erhalten“. Allein mit der Inklusion in der Schule sei das Problem nicht gelöst. Ihn berühre es, so Laumann, wenn Leute sich besonders engagiert haben, um einen Schulabschluss oder eine Gesellenprüfung zu machen, und dann gelinge es am Ende doch nicht, sie in den ersten Arbeitsmarkt zu bekommen. Diejenigen, die sich vorher so angestrengt haben, bekämen dann auf Hunderte Bewerbungen immer nur Absagen. Was das mit den Menschen mache, könne sich jeder vorstellen.

Firmen, die nicht mitmachen, müssen Ausgleichsabgabe zahlen

Viel zu viele Unternehmen ließen sich gar nicht erst auf die Frage ein, ob sie Schwerbehinderte beschäftigen, beklagte Ingo Zielonkowsky, Chef des Jobcenters Düsseldorf, bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Laumann. Stattdessen schöben sie das Thema weg, indem sie die Ausgleichsabgabe bezahlen. Hintergrund: Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind verpflichtet, auf mindestens fünf Prozent dieser Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Andernfalls wird eine Ausgleichsabgabe fällig, die je nach Unterschreitung dieser Fünf- Prozent-Quote zwischen 125 und 320 Euro pro Arbeitsplatz monatlich beträgt. Das Geld wird dann für die Förderung der Teilhabe Schwerbehinderter am Arbeitsleben verwendet.

Laumann lobte die Arbeit der Düsseldorfer Arbeitsagentur in der Frage der Vermittlung von arbeitslosen Schwerbehinderten als vorbildlich. Die acht Planstellen umfassende Abteilung schaffe es, pro Jahr 240 schwerbehinderte Arbeitslose in Arbeit zu bringen. Allerdings: Auch das sind nur zehn Prozent der in Düsseldorf gemeldeten 2400 schwerbehinderten Arbeitslosen.

Die Düsseldorfer Arbeitsagentur hat jüngst 1000 Düsseldorfer Arbeitgeber angeschrieben, die die Quote nicht erfüllen. Diese mögen doch bitte überlegen, den Menschen eine Chance zu geben. „Wer uns anspricht“, so Zielonkowsky, „kann sich darauf verlassen, dass wir mit ihm, orientiert am Einzelfall, über mannigfaltige Hilfen sprechen. So finanzieren wir zum Beispiel die Arbeitsplatzausstattung, den behindertengerechten Zugang zum Arbeitsplatz, eine behindertengerechte Toilette oder spezielle Bildschirmhilfen bei Sehbehinderten.“ Auch würden Lohnkostenzuschüsse bezahlt, die für die ersten Monate auch bei 100 Prozent liegen können. „Eine Probebeschäftigung für das erste Vierteljahr, wo man sich beschnuppern kann, ohne dass zusätzliche Kosten entstehen.“

Torsten Withake, Chef der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit, versuchte Bedenken manch eines Arbeitgebers zu zerstreuen. Mehr als 51 Prozent der schwerbehinderten Arbeitslosen in NRW seien Fachkräfte und hätten damit nachgewiesen, dass sie qualifiziert sind. Das müsse Arbeitgebern in Zeiten des Fachkräftemangels doch Anlass genug sein, auch auf dieses Potenzial zurückzugreifen. Man solle nicht immer nur skeptisch auf die Behinderung schauen, sondern sich konsequent daran orientieren, welches Potenzial ein Bewerber oder eine Bewerberin mit sich bringt.

Arbeitsminister Laumann ergänzte: „Wenn nicht jetzt, wann denn dann?“, fragte er mit Blick auf den aktuellen Arbeitsmarkt. Auch er appellierte an die Arbeitgeber: „Inklusion ist eine Frage der Haltung, die im Kopf entschieden wird.“

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